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…formar modelli nuovi… Marinos Poetik des ‚Neuen‘ und die Struktur des literarischen Barock in Italien

Fachliche Zuordnung Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung Förderung von 2016 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 265293505
 
Ausgehend von den in der ersten Förderperiode gewonnenen Ergebnissen zu Tassos poetischer Praxis und seinen dichtungstheoretischen Reflexionen möchte das Teilprojekt ‚alt‘-‚neu‘-Beziehungen in nachahmungspoetischen Produktionsprozessen bei G.B. Marino als epochale Indikatoren ‚barocker‘ Literatur in Italien untersuchen. Bei Tasso ließen sich starke Tendenzen zur Hybridisierung von Gattungs- und Stilgrenzen nachweisen. Diese Hybridisierungen werden von Tasso auf theoretischer Ebene ebenso ‚subjektivistisch‘ (über individuelle concetti) wie auch mit dem Hinweis auf referentielle Angemessenheit und Überzeugungskraft begründet. Marino schreibt diese, in ihrem systematischen Zuschnitt mit zeitgenössischer Homiletik verwandten Ansätze Tassos dahingehend fort, dass er in einer massiven Aufwertung des auktorialen ingegno die Normativität von Traditionen weitgehend ausschaltet. An deren Stelle tritt das Prinzip freier Kombination, welche dem individuellen poetischen capriccio folgt und nicht dem überindividuellen Konsens humanistischer Diskursregeln. Während Tassos Hybridisierungen auf Integration des Verschiedenen, auf die Konstruktion eines ‚neuen‘, möglichst konsistenten semantischen und formalästhetischen Modells im Horizont des ‚Alten‘ abgestellt waren, entfalten Marinos modelli nuovi sich zwar keineswegs im Sinne moderner ‚Innovation‘, sondern wie in den humanistischen Dichtungslehren und -praktiken im Rückbezug auf ‚alte‘ Repertoires, versuchen aber – vor allem im Gattungswandel vom poema eroico zum poema di pace – die Differenzqualitäten und traditionell mitgeführten Semantiken der Bezüge zu tilgen (Bsp: der Vergil-Bezug eines Tasso war demonstrativ durch Vergil-Zitate als solcher erkennbar und rief bestimmte Vorstellungen epischer Klassizität auf; Marino durchkreuzt in seinem Rearrangement des ‚Alten‘ aber solche Zusammenhänge). Vor diesem Hintergrund schlägt das Projekt in Hinblick auf eine pointierte Beschreibung der ‚alt‘-‚neu‘-Beziehungen bei Marino und in Ergänzung zu dem Hybridisierungsbegriff des Verbunds die Beschreibungskategorie der ‚Amalgamierung‘ vor. Das Projekt bezieht damit nicht nur seinen wesentlichen Frageimpuls aus den gemeinsamen Interessen des Verbunds, sondern leistet auch die Analyse einer historisch für den Verbund ungewöhnlichen, ja singulären Konstellation, in der die Kategorie des ‚Neuen‘ unter prononcierter Entwertung des ‚Alten‘ als epochal spezifisches Dispositiv für die Herstellung auktorialer Geltung aufgebaut wird.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
 
 

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