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Krisenkorporatismus oder Korporatismus in der Krise? Soziale Konzertierung und Sozialpakte in Europa
Antragsteller
Privatdozent Dr. Thomas Bahle, seit 1/2017; Professor Jörg Timo Weishaupt, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Empirische Sozialforschung
Förderung
Förderung von 2016 bis 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 289769799
Hat die globale Finanz- und Wirtschaftskrise zu einer Renaissance des Korporatismus oder zu dessen Erosion beigetragen? Im Fokus des Projektes steht die Frage, ob nationale Regierungen bzw. europäische Institutionen soziale Konzertierung mit Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften zur Aushandlung von Sozial- und Wirtschaftspolitiken (Sozialpakte) verwenden. Ziel ist die Weiterentwicklung und Überprüfung des korporatistischen Forschungsansatzes, der seit den 1990er Jahren Sozialpakte im Kontext zunehmender europäischer Wirtschaftsintegration und Wohlfahrtsstaatsreformen untersucht. Das Projekt überprüft, ob tripartistische Interessenvermittlung auch als Reaktion auf die jüngste Krisenpolitik seit 2008 verwendet wurde bzw. warum nicht. Es stellt drei Fragen: (1) Unter welchen Bedingungen streben Regierungen eine soziale Konzertierung an und wann führt diese zum Sozialpakt? (2) Wie interagieren die politischen und sozialen Akteure in diesen Aushandlungsprozessen? (3) Welche Rolle nimmt der EU-Sozialdialog in der europäischen und nationalen Krisenbewältigung ein?In einem systematischen Vergleich (fsQCA) werden die Kontextbedingungen für soziale Konzertierung sowie Sozialpakte für das Jahrzehnt vor und seit dem Crash von 2008 für alle EU-Mitgliedsländer sowie Schweiz und Norwegen analysiert. Außerdem werden in acht vertiefenden Länderfallstudien (Deutschland und weitere ausgewählte EU-Länder) sowie einer EU-Studie die (trans-)nationalen Akteursstrategien und Aushandlungsprozesse mit Hilfe von Interviews und Dokumentenanalysen untersucht. Der Fokus der Prozessanalysen liegt auf der unmittelbaren Krisenpolitik sowie der anschließenden Austeritätsphase. In Kooperation mit internationalen Experten soll im Projekt einerseits eine Datenbank mit Indikatoren zu Kontextbedingungen in Europa entstehen und andererseits ein englischer Sammelband mit Länderkapiteln, einer EU-Studie und vergleichenden Analysen erstellt werden. Das Projekt trägt somit zur gesellschaftlichen Debatte bei, ob die Einbindung der Tarifpartner in die Krisen- und Austeritätspolitik den Prozess einer schleichenden Erosion der Sozialpartnerschaft verlangsamt oder das Gegenteil bewirkt.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Ehemaliger Antragsteller
Professor Dr. Bernhard Ebbinghaus, bis 1/2017