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Vlad Tepes Dracula. Herrscherbiographie und Tyrannenlegende
Antragsteller
Professor Dr. Thomas Bohn
Fachliche Zuordnung
Mittelalterliche Geschichte
Frühneuzeitliche Geschichte
Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung
Förderung von 2016 bis 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 289884789
In der historischen Gestalt des Vlad III. Drăculea (1431-1476) manifestiert die rumänische Geschichtskultur autoritäre und militaristische Tendenzen sowie die Utopie einer egalitären und von äußeren Beeinflussungen unabhängigen Gesellschaft. Die Gewaltexzesse und Schlachten des berüchtigten Woiwoden gegen Osmanen und Ungarn machten ihn sowohl im lateinischen Europa und im Moskauer Reich als auch im Nahen Osten oder der Levante zu einer Symbolfigur tyrannischer Herrschaft und kriegerischen Wagemuts. Später geriet der Woiwode in Vergessenheit und fand schließlich durch Bram Stokers Romangestalt „Dracula“ in deformierter Form Eingang in die Moderne.Aus mediävistischer und frühneuzeitlicher Perspektive tritt hingegen die kulturwissenschaftliche Rolle des Vampirgrafen hinter die historiographische Bedeutung des Pfählerfürsten zurück. Das Forschungsprojekt zielt auf die Untersuchung der Transformation des Wissens zu Vlad Drăculea als historischer Akteur an der Schnittstelle zwischen dem „heroischen Zeitalter“ der Türkenkriege und der osmanischen Vasallisierung der spätmittelalterlichen Walachei. Zu diesem Zweck wird die rekonstruierbare Ereignisgeschichte seiner Biographie und Herrschaft mit den Narrativen kontrastiert, die hinsichtlich dieser weithin nachwirkenden Phase der Geschichte Südosteuropas eine Vielzahl an Ausformungen erfahren beziehungsweise Deformationen historischen Wissens bewirkt haben. Die monographische Untersuchung geht von der grundsätzlichen Annahme aus, dass die Gestalt aufgrund der mit ihr verbundenen moralischen Anomalien in besonderer Weise die historiographischen Agenden aktiviert und somit eine starke Wissensregulierung bewirkt hat. Vlad Drăculea stellte eine Provokation dar, auf die weder Chronisten noch Geschichtsschreiber oder -wissenschaftler neutral oder zumindest distanziert reagieren konnten. Hierdurch werden Abhängigkeiten als auch Objektiven der jeweiligen Historiographien modellhaft und oftmals wenig formalisiert sichtbar gemacht. Die Dracula-Gestalt zeigt dabei auch auf, wie Fehldeutungen oder schlichtweg Geschichtsfälschungen im Widerstreit von agendakonformem vs. agendakonträrem Wissen produziert wurden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortliche
Dr. Adrian Gheorghe; Privatdozent Dr. Christof Paulus