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Die Bürokratisierung des Islam und ihre sozio-rechtlichen Dimensionen in Südostasien

Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Asienbezogene Wissenschaften
Förderung Förderung von 2016 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 290540325
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das am MPI für ethnologische Forschung (2016-19) und der FAU Erlangen-Nürnberg (2019-23) durchgeführte Projekt untersuchte Staat-Islam-Gesellschaftsbeziehungen anhand ethnographischer Forschungen in fünf Ländern (Brunei, Indonesien, Malaysia, Singapur, Philippinen). Es beobachtete Dynamiken zwischen bürokratischen Versuchen, islamische Diskurse und muslimische Lebenswelten zu beeinflussen und Versuchen nicht-staatlicher Akteure, diese Institutionen und ihre Governance des Islam und muslimischen Lebens zu beeinflussen. Im Zentrum der explorativen Grundlagenforschung standen generative Interaktionen und interface-Situationen zwischen Islambürokratien und gesellschaftlichen Akteuren. Das Projekt betrachtete die Bürokratisierung des Islams (BoI) nicht nur als eine Formalisierung, Expansion und Differenzierung staatlicher Islambehörden, oder als Kontroll- und Kooptationsstrategie, sondern auch als ein sozio-kulturelles Phänomen, das seine formellen Grenzen überschreitet. Wie die Teilprojekte zeigten, generiert die BoI lokalspezifisch sehr unterschiedliche Bedeutungen des Islams und hat das Potenzial, gesellschaftliche Veränderungen, Konflikte und Subjekt(trans-)formationen zu beeinflussen. Die BoI ist ein Bestandteil von Aushandlungen staatlicher Klassifikationsmacht. Zugleich eröffnet sie Handlungsräume und generiert unbeabsichtigte Konsequenzen. Sie erschien über die Teilprojekte hinweg multi-direktional, intern umstritten und in einem dialektischen Verhältnis stehend mit Bestrebungen zur De-Bürokratisierung oder veränderten Re-Bürokratisierung des Islams. Die Doktorand*innen führten „field orientation trips“ und später elfmonatige Feldforschungen durch: F.A. Aziz zum Innenleben der National Commission on Muslim Filipinos und ihrer Politik der Halal-Zertifizierung, T.G. Biró zu islambürokratischen Versuchen der Umerziehung von Transgender-Personen in Malaysia, und R. Engchuan bei indonesischen „Film Communities“, die künstlerische Narrative zu selbstbestimmter Religiosität in Abgrenzung zu staatlichen Machtansprüchen erarbeiten. In Oxford, Singapur und Harvard wurden Workshops durchgeführt. Müller forschte in Brunei und Singapur u.a. zum „branding“ nationaler Islamverständnisse und dem kontrastiven Umgang mit intra-islamischer Pluralität und umstrittenen Praktiken. Die Konzeptualisierung der BoI wurde anhand der Projektarbeit fortlaufend hinterfragt und modifiziert. Die Relevanz der Ergebnisse ist nicht auf Südostasien beschränkt, sie bieten auf andere Kontexte übertragbare theoretische und methodische Anknüpfungspunkte für weitere Forschung an.

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