Die Internationale Organisation nationaler Energiepolitik: Großbritannien und die Bundesrepublik Deutschland in der Internationalen Energieagentur (IEA), 1974-1993
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Forschungsprojekt hat am Beispiel der Energiepolitik untersucht, inwiefern sich die Praxis des Regierens seit den 1970er Jahren durch die starke Zunahme internationaler Organisationen veränderte. Im Zentrum stand die 1974 gegründete Internationale Energie-Agentur (IEA), mit deren Hilfe die westlichen Industrieländer ihre Abhängigkeit vom OPEC-Öl reduzieren wollten. Auf diese Weise sollten zukünftige Ölkrisen verhindert werden. Auf Basis deutscher und britischer Quellen sowie durch die erstmalige Erschließung von Aktenmaterial der IEA wurde deutlich, dass die Pariser Organisation vor allem versuchte, mit ihrem Peer-Review-Verfahren die energiepolitischen Entscheidungen ihrer Mitgliedsländer zu beeinflussen. Das gelang nur teilweise, wie sich etwa an der Forderung der IEA nach einem Tempolimit in der Bundesrepublik zeigte. Die Bundesregierung orientierte sich eher an den Interessen der Automobilwirtschaft als an internationalen Forderungen. Gleichzeitig führte das Peer-Review-Verfahren dazu, dass die Mitgliedsländer bei ihren energiepolitischen Entscheidungen die internationalen Wirkungen stärker mit einbezogen. Für die Mitgliedsländer stellten die internationalen Organisationen ein wichtiges Mittel dar, um die innenpolitische Debatte zu beeinflussen. So drängten die Mitgliedsländer in den Gremien der IEA immer wieder auf klare Aussagen zu der zentralen Bedeutung der Atomkraft als Alternative zur Stromerzeugung aus Öl. Auf diese Weise konnten sie in der innenpolitischen Auseinandersetzung mit den Atomkraftgegnern auf den internationalen Konsens verweisen. Insgesamt zeigt sich, dass die IEA eine Sicht auf das Energiethema förderte, die von Sicherheits- und Abhängigkeitsfragen geprägt war. Durch diese dominante Perspektive wurden andere Sichtweisen an den Rand gedrängt. Das betraf vor allem die Anfang der 1970er Jahre aufkommende Umweltthematik und die Diskussion eines sogenannten „soft energy paths“ (Amory Lovins), der auf erneuerbare Energien setzte. Erst als mit dem Absturz des Ölpreises Mitte der 1980er Jahre das Energiesicherheitsthema von der internationalen Agenda verschwand und Abhängigkeitsfragen nicht mehr akut schienen, eröffneten sich neue Sichtweisen auf das Energiethema. Jetzt rückten Umweltfragen und insbesondere der Zusammenhang zwischen Energieverbrauch und Klimawandel deutlich stärker in das Blickfeld der nationalen und internationalen Politik.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Kooperation in der Krise? Die Ölkrise von 1973/74 und die multilaterale Zusammenarbeit der westlichen Industrieländer in der Energiepolitik, in: Journal of European Integration History 22 (2016), S. 47–65
Henning Türk
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Reducing dependence on OPEC-oil – The International Energy Agency’s energy strategy between 1976 and the mid-1980s, in: Giuliano Garavini/Duccio Basosi/Massimilian Trentin (Hrsg.): Countershock. The oil counterrevolution of the 1980s, London/New York 2018, S. 241–258
Henning Türk
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Zwischen Versorgungssicherheit und Markttransparenz: Die institutionalisierte Zusammenarbeit der westlichen Industrieländer mit den multinationalen Ölfirmen nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Claudia Hiepel/Henning Türk u.a. (Hrsg.): Grenzüberschreitende institutionalisierte Zusammenarbeit von der Antike bis zur Gegenwart, Baden-Baden 2019, S. 327–351
Henning Türk
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Talking about OPEC without talking to OPEC? The (Non-) Relationship between the International Energy Agency (IEA) and OPEC from 1974 to 1990, in: Giuliano Garavini/Dag Harald Claes (Hrsg.): Handbook of OPEC and the Global Energy Order: Past, Present and Future Challenges, Abingdon 2020, S. 100–110
Henning Türk
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From Oil to Coal? The International Energy Agency (IEA) and International Coal Policy Since the End of the 1970s, in: Torsten Meyer/Michael Farrenkopf (Hrsg.): Boom – Crisis – Heritage. King Coal and the Energy Revolutions After 1945, Berlin/München/New York 2021, S. 81–92
Henning Türk