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Andrej Belyjs "Istoria stanovlenija samosoznajuscej dusi": textkritische, kommentierte Edition mit Studien zum Kontext

Fachliche Zuordnung Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung Förderung von 2006 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 29201062
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das bilaterale russisch-deutsche Projekt hat eine Edition der bis zu Projektbeginn nur fragmentarisch bekannten, kaum erforschten größten kulturphilosophischen Schrift des russischen Symbolisten Andrej Belyj (Boris Nikolaevič Bugaev, 1880-1934) erstellt. Das Buch trägt den Titel „Istorija stanovlenija samosoznajuščej duši“ (abgekürzt: ISSD; „Geschichte des Werdens der Selbstbewusstseinsseele“, 1926-31) und wird in der Reihe „Literaturnoe nasledstvo“, herausgegeben vom Gor’kij-Institut für Weltliteratur der Russischen Akademie der Wissenschaften Moskau (IMLI RAN), 2019 erscheinen. Die Edition richtet sich nach der Handschrift des Autors, die zu Projektbeginn als verschollen gegolten hatte. 2007 gelang es den Projektleiterinnen, die Handschrift im nicht registrierten Teil des in der Handschriftenabteilung der Russischen Staatsbibliothek aufbewahrten Nachlasses von Andrej Belyj aufzufinden. Mit der Unterstützung der DFG-Vertretung in Moskau konnte in Verhandlungen mit dem Direktor der Staatsbibliothek die umfangreiche Handschrift für das Projekt zugänglich gemacht werden. Die Edition verzeichnet nicht alle Textvarianten, da die Handschrift zu Teilen nicht in Reinschrift, sondern in einer mehrfach bearbeiteten Fassung vorliegt. Diese Entscheidung orientiert sich am Autorwillen, wie er in den in Reinschrift gegebenen Seiten deutlich wird: eine stilistisch ausgereifte Fassung zu präsentieren. Zum Verständnis der Gedankengenese des Textes relevante Schritte der Korrekturen werden jedoch im Unterschied zu rein stilistischen Varianten dokumentiert. Die Vielzahl der Sprachkorrekturen – oftmals wurden Sätze oder Satzteile mehrfach überschrieben – hätte die Lesbarkeit des Textes erschwert und den Umfang des Variantenapparats in einem Maß ausgedehnt, das in keiner Relation zur Bedeutung der Korrekturen gestanden hätte. Der Edition wurde ein umfangreicher Kommentar angefügt, welcher die direkten und indirekten Quellen erschließt sowie Namen, Daten, Fakten und Begriffe erläutert, deren Kenntnis nicht vorausgesetzt werden kann oder deren spezifische Konzeptionalisierungen in Belyjs Text einer Erläuterung bedürfen. Außerdem enthält die Edition ein Namensregister mit Kurzerläuterung der verzeichneten Personen, eine Anlage sowie eine Einführung in das Buch und seine Entstehungskontexte. Das Projekt hat parallel zur Editionstätigkeit das Buch in der slavistischen Forschung international bekannt gemacht. Andrej Belyj versucht in diesem Buch ein Bild der Entwicklung des Selbstbewusstseins des (abendländischen) Menschen seit der Antike bis zu seiner historischen Gegenwart Mitte der 1920er Jahre sowie Ausblicke auf zukünftige Perspektiven zu geben. Er deutet geschichtliche Ereignisse und Personen, Texte der Philosophie, Theologie, Literatur sowie verschiedener Wissenschaften, aber auch Werke aus Musik und bildenden Künsten, Kunsthandwerk, Architektur sowie Veränderungen in gesellschaftlichen, staatlichen und wirtschaftlichen Strukturen als Symptome für Entwicklungsformen und -varianten der Selbstreflexion. Sein Entwurf einer Geschichtsphilosophie steht in bewusster Abgrenzung von anderen seinerzeit diskutierten Geschichtsmodellen (speziell von O. Spengler, H. St. Chamberlain) und kulturphilosophischen Ansätzen. Das Buch ist künstlerisch komponiert, vom Gesamtaufbau über die Gedankenführung und ihre syntaktische Form bis hin zur ästhetischen Mikrostruktur der Gestaltung von Laut, Rhythmus, Sprache und Bildlichkeit.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Special Issue/Doppelnummer der internationalen Fachzeitschrift Russian Literature mit Peer Review (LXX (2011) I/II.; Amsterdam), herausgegeben von Henrieke Stahl: Andrej Belyj’s Istorija stanovlenija samosoznajuščej duši
    Henrieke Stahl (ed.)
 
 

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