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Die anabelsche Geometrie der Schnittvermutung

Antragsteller Professor Dr. Jakob Stix
Fachliche Zuordnung Mathematik
Förderung Förderung von 2006 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 29261904
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Anabelsche Geometrie untersucht den arithmetischen und geometrischen Gehalt der étalen Fundamentalgruppe einer algebraischen Varietät. Diese wichtige algebraische Invariante besteht aus einer pro-endlichen Gruppe kombinatorisch-topologischen Ursprungs, auf der eine arithmetische Galoisgruppe wirkt. Man vermutet, daß für geeignete Grundkörper diese arithmetische Wirkung so reichhaltig ist, daß sie die Rekonstruktion der Varietät erlaubt, sofern es sich um hochgradig nichtabelsche Fundamentalgruppen handelt — daher der Begriff anabelsch, für den eine genaue Charakterisierung noch aussteht. Gelungen ist bisher u.a. die Rekonstruktion von nicht konstanten Abbildungen in hyperbolische Kurven aus der étalen Fundamentalgruppe [Mochizuki]. Ein rationaler Punkt der Varietät, also ein Punkt mit Koordinaten im Grundkörper, liefert einen Schnitt der Fundamentalgruppensequenz. Die Schnittvermutung Grothendiecks besagt, daß im Fall hyperbolischer Kurven jeder Schnitt eindeutig auf diese Weise von einem rationalen Punkt kommt (möglicherweise von einem Punkt im Unendlichen). Bewahrheitet sich die Schnittvermutung, bedeutet dies eine Beschreibung rationaler Punkte ausschließlich in der Sprache der endlicher Gruppen, die der Diophantischen Geometrie neue Perspektiven ermöglicht. Die Schnittvermutung ist der zentrale Gegenstand des Forschungsprojekts. Es folgt ein grob vereinfachter Einblick in die Ergebnisse des Projekts. Ein Ansatz, der im Projektverlauf studiert wurde, betrachtet nicht einen, sondern alle Schnitte gleichzeitig, und sucht nachzuweisen, daß dieser Raum aller Schnitte sich so verhält, als ob er die Menge aller rationalen Punkte einer anabelschen Varietät wäre. Dies konnte auch bezüglich einiger Eigenschaften nachgewiesen werden. So erfüllen Schnitte Galoisabstieg, über Zahlkörpern gibt es ‘höchstens Nenner an Stellen schlechter Reduktion’ und der Schnittraum ist kompakt. Letzteres entspricht, sofern sich die Schnittvermutung beweisen läßt, dem Theorem von Faltings–Mordell. Erstaunlicherweise war zu Projektbeginn die Schnittvermutung in keinem einzigen Fall bekannt. Somit unterfüttern obige Resultate die Glaubwürdigkeit der Vermutung. Die wichtigste Errungenschaft des Projekts füllt jedoch nun diese Lücke. Es gelang eine Größe zu finden, die in Gegenwart eines Schnittes eine besondere Gestalt annehmen muß. Zugleich ist es aber einfach, Beispiele zu konstruieren, für die diese Größe von der besonderen Form abweicht, so daß es in diesem Fall weder Schnitte noch rationale Punkte geben kann. Diese Größe ist p-adischer Natur. Zunächst mag enttäuschend sein, daß die gefundenen Beispiele zur Schnittvermutung über die leere Menge von rationalen Punkten sprechen, sucht man doch gerade nach einem alternativen Zugang zu rationalen Punkten. Allerdings kann man nachweisen, daß die Schnittvermutung in ihrer ganzen Stärke äquivalent zu diesen scheinbar leeren/trivialen Fällen von hyperbolischen Kurven ohne rationale Punkte ist. Es handelt sich somit um wichtige Indizien für die Korrektheit der Schnittvermutung.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • On cuspidal sections of algebraic fundamental groups (2008)
    Stix, J.
  • On the period-index problem in light of the section conjecture (2008)
    Stix, J.
 
 

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