Matrone oder Mulier Fortis? Formen weiblicher Selbstdarstellung in mediceischen Witwensitzen des 16. bis 18. Jahrhunderts
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Hinblick auf die bauliche Situation der von mir untersuchten Witwensitze ergab sich, dass die enge räumliche Beiordnung der Wohnbereiche von Mutter und Sohn, wie sie im Falle von Poggio Imperiale und den Tuilerien rekonstruiert werden konnte, charakteristisch ist für jene Bauten, die während der Regentschaft der verwitweten Fürstin die repräsentative Funktion einer Hauptresidenz besaßen. Dies bestätigte auch ein Vergleich mit weiteren Beispielen aus dem europäischen Kontext. Meine Analyse der bildkünstlerischen Ausstattung ergab zunächst, dass die Witwen hier stets auf ihre Mittlerposition zwischen zwei Dynastien abhoben: Einerseits betonten sie Bedeutung und hierarchische Würde ihrer geburtlichen Herkunft, indem sie Darstellungen mit genealogischem Hintergrund, Familienporträts bzw. eine möglichst repräsentative Präsentation ererbter Kunstschätze zum Teil des von ihnen bewohnten Appartements (bzw. ihrer Residenz) machten. Andererseits unterstrichen sie in Absicherung ihrer Rechtsstellung die dynastische Verbundenheit mit der lokalen Dynastie. Ihre eigene Position bei Hof wurde dabei stets von einem Moment männlich legitimierter Herrschaft abgeleitet, d.h. die Anknüpfung an die Memoria des verstorbenen Gatten oder an ihre Vormundschaft für den minderjährigen Thronfolger waren stets von entscheidender Bedeutung. Ferner erbrachte der Vergleich mit der künstlerischen Programmatik in anderen Frauengemächern des 16.-18. Jahrhunderts, dass ein vergleichbares ikonographisches Repertoire den Grundstock bildete, in dessen Zentrum für das weibliche Decorum typische Tugendexempel wie „fides“ und „caritas“ standen. Für die Witwensitze charakteristisch war, dass bei ihnen zwei weitere zentrale Bildthemen hinzutraten, die der Rechtfertigung weiblicher Herrschaft dienten: Erstens berief man sich v.a. in der malerischen Ausstattung auf zeitlich nahestehende Präzedenzfälle weiblicher Regentschaft, so etwa in Poggio Imperiale bzw. im Palais de Luxembourg. Zweitens betrieb man eine Heroisierung weiblicher Herrschaft anhand historischer Exempel, die mehrheitlich der biblischen und klassischen Geschichte entnommen waren. Schließlich ließ sich auch konstatieren, dass bis zum späten 17. Jahrhundert in Florenz – anders als in Frankreich – jegliche Selbstdarstellung der Fürstin in ihrer Eigenschaft als Witwe und Regentin (v.a. in Anlehnung an klassische „männliche“ Typen und Themen des Staatsporträts) unterblieb. Als eindeutig zu bejahen erwies sich die Frage nach der Existenz eines familiären Kontinuums im Hinblick auf die mediceischen Witwensitze. Besonders deutlich erkennbar war die Absicht zur planvollen Konstruktion eines „lieu de memoire“ der (verwitweten) Großherzoginnen im Falle der Christine de Lorraine. Doch auch für Maria Magdalena von Österreich und Vittoria della Rovere ergaben sich vielfach Rückbezüge auf die Figur der „Vorgängerin“ bzw. auf von dieser etablierte Themen und künstlerische Projekte. Dabei ließ sich insbesondere am Beispiel der Maria de‟ Medici klar aufzeigen, wie der Verweis auf eine weibliche Traditionslinie als zusätzliches Element zur Legitimierung und Stabilisierung der eigenen Regentschaft eingesetzt wurde.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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„Christina von Lothringen und ihre Sommerresidenz Villa La Quiete‟ (Wissenstransfer und Gender in Mittelalter und Früher Neuzeit, Tagung an der FU Berlin, 23.-24.11. 2007)
Ulrike Ilg
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„Anna Maria Luisa de‟ Medici e la corte di Düsseldorf‟ (Artful Allies. Medici Women as Cultural Mediators, 1533-1743; International conference, Villa I Tatti, 15.-17.10. 2008)
Ulrike Ilg