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Die Ethik im Werk des Roger Bacon (ca. 1214-1292). Interpretation vor dem Hintergrund der scholastischen Theologie und den Einflüssen der griechischen und arabischen Philosophie

Fachliche Zuordnung Katholische Theologie
Förderung Förderung von 2006 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 29838214
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Hinblick auf die Moralis philosophia im „Opus maius" von Roger Bacon (ca. 1214- 1292) beschäftigte sich das Projekt mit zwei Fragestellungen. Zum ersten sollte erforscht werden, wie die Stellung der Moralphilosophie, die den Schlusspunkt einer Reihe von naturwissenschaftlichen Ausführungen darstellt, zu werten und was insgesamt ihr Ziel und Zweck ist. Die zweite Frage betraf den Aufbau und Inhalt der Moralphilosophie. Hier sollte zum einen die Struktur der Ethik mit Formen charakteristischer Ethiken des 13. Jahrhunderts verglichen werden, zum anderen der Inhalt mit anderen zeitgenössischen Denkströmungen verglichen und in den geistesgeschichtlichen Kontext eingebettet werden. Die Beantwortung der ersten Frage hat ergeben, dass Bacon bei der Reihenfolge des „Opus maius" vor allem von zwei arabischen Wissenschaftsklassiflkationen des 10. und 11. Jahrhunderts beeinflusst wurde, sich dagegen in der Zielsetzung nicht nur von diesen, sondern auch von älteren und zeitgenössischen christlichen Wissenseinteilungen deutlich unterscheidet. Während die Araber für eine politische Ethik plädieren und die christlichen Autoren hauptsächlich den geistigen Aufstieg zur Gottebenbildlichkeit betonen, ist bei Bacon das Ziel der Ethik vor allem eine Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen im Diesseits. Zudem kann Bacons theonom begründete Moralphilosophie als Regulativ für die vorher dargestellten Naturwissenschaften gelten, da er hervorhebt, dass die Moralphilosophie schon vor den Naturwissenschaften gewusst werden sollte, aber eben auch ihr Kulminationspunkt ist. Er warnt in der Scientia experimentalis, dem Kapitel über Experimentenwissenschaft, das direkt vor der Moralphilosophie steht, davor, dass schon viel Schaden angerichtet wurde durch das, was Gott dem Menschen eigentlich zu Wohl und Nutzen gegeben hat. Die Beantwortung der zweiten Frage hat zunächst ergeben, dass sich Roger Bacons Ethik vom Aufbau her grundlegend von charakteristischen Ethiken des 13. Jahrhunderts, wie der des Thomas von Aquin, unterscheidet. Während Thomas von Aquin seine Ethik in der Summa theologiae unter systematischen Gesichtspunkten und logischer Argumentation folgend aufbaut, erdenkt Bacon keine Handlungstheorie, sondern eine Art Handlungsratgeber. In seiner Ethik lässt sich zur Orientierung genau nachlesen, was zu einem verantwortungsvollen Handeln nötig ist. Inhaltlich ist vor allem der willensbetonende Aspekt der Ethik hervorzuheben, der hier, schon einige Zeit vor der systematischen Darlegung durch Johannes Duns Scotus (ca. 1266-1308), vorzufinden ist. Bacon glaubt, dass eine vernünftige Argumentation allein niemanden zum guten Handeln veranlasst, sondern dass zur Überredung des Willens Rhetorik und Poesie nötig sind. Daneben ist die besondere Betonung einer Individualethik bei Bacon hervorzuheben. Als Ausblick sind aufgrund der Betonung von Rhetorik und Poesie in der Moralphilosophie Parallelen zur sogenannten narrativen Theologie zu sehen, aufgrund der Autoritätskritik und Betonung des individuellen Denkens auch solche zum Kritischen Rationalismus.

 
 

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