Entwicklung neuronaler Repräsentationen nach Schlaganfall: Interaktion zwischen intakter und geschädigter Hemisphäre
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In dem vorliegenden Projekt konnten wichtige wissenschaftliche Fortschritte im Verständnis des Zusammenspiels beider Hirnhälften im gesunden Gehirn und nach Schlaganfall erzielt werden. Es konnte nachgewiesen werden, dass sich der bewegungsabhängige Einfluss von übergeordneten motorischen Arealen wie dem Prämotorkortex deutlich von den Interaktionen zwischen den primären Motorkortizes beider Hirnhälften unterscheidet. Die Verbindungen zwischen den Hirnhälften sind in der Vergangenheit häufig mit der Koordination bimanueller Bewegungen in Zusammenhang gebracht worden. Hier konnte gezeigt werden, dass der zeitliche Ablauf und die Topographie der interhemisphärischen Verbindungen für unterschiedliche Koordinationsarten schneller bimanueller Bewegungen funktionelle relevant ist. Die vom Prämotorkortex ausgeübte Modulation der Aktivität im Motorkortex der gegenüberliegenden Hemisphäre war in den getesteten Versuchspersonen unterschiedlich schnell und variierte im Ausmaß der Erregbarkeitssteigerung (Fazilitierung). Das Ausmaß der Fazilitierung stand in einem engen Zusammenhang mit der Fähigkeit, schnelle und komplexe zweihändige Bewegungen exakt zu koordinieren. Ein weiterer Nachweis für diesen Zusammenhang ergab sich bei den älteren, gesunden Probanden (> 60 Jahre). Es ist hinlänglich bekannt, dass motorische Fertigkeiten im Alter nachlassen. Dies trifft insbesondere auf schnelle und anspruchsvolle Bewegungsmuster zu. Es zeigte sich, dass im Alter die Schnelligkeit und die Stärke der interhemisphärischen Fazilitierung abnehmen. Mit den interhemisphärischen Interaktionen korrelierend, waren deutlich schlechtere bimanuelle Fertigkeiten im Alter im Vergleich zu jungen Gesunden nachweisbar. Die Bedeutung der gesunden Hirnhälfte und der interhemisphärischen Verbindungen ist nach dem derzeitigen Stand der Forschung nicht geklärt. Es existieren konkurrierende Hypothesen, ob die gesunde Hirnhälfte hemmend oder fördernd auf die Schlaganfallseite einwirkt. In dieser Studie war sowohl die Hemmung von M1 als auch die Fazilitierung von PMd im akuten Stadium nach Schlaganfall reduziert. Auch die hemmenden Schaltkreise innerhalb des Motorkortex der Schlaganfallhirnhälfte waren weniger stark ausgeprägt. Eine Abnahme der Hemmung in neuronalen Netzen ist im Tiermodell des Schlaganfalls mit einer erleichterten Neuroplastizität (Reorganisation neuronaler Netzwerke) in Verbindung gebracht worden. In der vorliegenden Studie zeigte sich, dass das Ausmaß der Hemmung im akuten Stadium nach Schlaganfall eine Vorhersage der Verbesserung der Griffkraft und der Bewegungsgeschwindigkeit erlaubte. Demzufolge könnte mit nicht-invasiver Hirnstimulation eine Verbesserung der Funktionserholung nach Schlaganfall werden, indem bereits im akuten Stadium der Einfluss hemmender Schaltkreise reguliert wird. Die Ergebnisse des Projekts haben breite Resonanz auf dem wissenschaftlichen Feld gefunden mit mehreren Vorträgen auf Fachtagungen (Annual Meeting of the Society for Neuroscience in Washington und Chicago, Jahrestagungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und für Klinische Neurophysiologie 2008-2009).
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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“Big news from small world networks after stroke.” Brain. 2010 Apr;133(Pt 4):952-5
Gerloff C, Hallett M
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“Distinct temporospatial interhemispheric interactions in the human primary and premotor cortex during movement preparation.” Cereb Cortex. 2010 Jun;20(6):1323-31. Epub 2009 Nov 11
Liuzzi G, Hörniss V, Hoppe J, Heise K, Zimerman M, Gerloff C, Hummel FC