Prozessoptimiertes kooperatives Notfallmanagement für Wasserinfrastrukturen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Untersuchungen vergangener Hochwasserkatastrophen haben im Notfallmanagement ungeklärte Verantwortlichkeiten, unklare Abläufe und mangelndes Informationsmanagement festgestellt. Dies führte zu erheblichen Koordinationsproblemen und Informationsdefiziten in den Katastrophenschutzstäben, denen durch die Entwicklung informationstechnologischer Instrumente begegnet werden soll. Allerdings vernachlässigt die bisherige Unterstützung der Stäbe eine explizite Einbeziehung der Handlungsabläufe, die durch die Katastrophenschutzstäbe zur Erfüllung ihrer Aufgaben durchgeführt werden. Daher war es das Ziel des Transferprojektes ein prozessoptimiertes, kooperatives Notfallmanagementsystem für Katastrophenschutzstäbe (ProKoNo) zu entwickeln, das auf Basis formaler Prozessmodelle den Informationsfluss in den Stäben und zu externen Beteiligten steuert, und den Stabsmitgliedern ablauforientiert für ihre Aufgaben entscheidungsunterstützende Informationen und Auswertungen zur Verfügung stellt. Die notwendigen formalen Prozessmodelle wurden mit Methoden auf Grundlage der Ergebnisse des Teilprojektes „Prozessorientierte Vernetzung von Ingenieurplanungen am Beispiel der Geotechnik“ des DFG-SPP 1103 erstellt. Die Eignung der Methoden konnte exemplarisch durch die Erstellung von Prozessmodellen für die komplexen Stabsaufgaben des Ressourcenmanagements und der Vorbereitung großflächiger Evakuierungsmaßnahmen geprüft werden. Die prototypische Implementierung ProKoNo realisiert eine Ablauf- und Informationssteuerung für Aufgaben der Katastrophenschutzstäbe durch die Ausführung der entwickelten Prozessmodelle. Mit der Integration eines entwickelten prozessfähigen webGIS sowie von Geoservices wurde eine ablauforientierte Bereitstellung von geographischen Informationen und entscheidungsunterstützenden Auswertungen erzielt. Über die entwickelten Mechanismen können u.a. Ergebnisse aus hydrodynamischen Wasserausbreitungsberechnungen infolge von Deichbrüchen abgerufen und ablauforientiert bereitgestellt werden. Die Einbindung externer Beteiligter in den Ablauf der Maßnahmenplanung wurde durch eine prozessgesteuerte Generierung von Benachrichtigungen mit relevanten Text- und Karteninformationen erreicht. Die automatisierte, kontrollierbare Versendung findet multi-modal, d.h. über verschiedene Kommunikationsmittel (E-Mail, Fax, Webformulare) statt und erlaubt eine medienbruchfreie Rückmeldung an das System. Der Einsatz des prototypisch implementierten Notfallmanagementsystems wurde durch ein mit dem Praxispartner entwickeltes, realitätsnahes Hochwasserszenario im Hessischen Ried den Fachvertretern von Katastrophenschutzbehörden demonstriert. Mit den in dem Transferprojekt weiterentwickelten Methoden werden den Mitgliedern der Katastrophenschutzstäbe, stabsintern und stabsübergreifend, nach fachlicher und zeitlicher Abfolge der einzelnen Tätigkeiten, die verfügbaren Informationen und entscheidungsunterstützenden Auswertungen bereitgestellt, die sie zur Durchführung ihrer Aufgaben benötigen. Beteiligte externe Organisationen werden ablauforientiert, automatisch und multi-modal mit generierten Text- und Karteninformationen versorgt. Dies trägt dazu bei, die Anleitung der Stabsmitglieder in ihren Aufgaben zu stärken, die Einhaltung von Anfrage- und Informationswegen zu verbessern und die Koordination zu steigern, um eine effektivere Vorbereitung und Durchführung von Katastrophenabwehrmaßnahmen zu erreichen. Die im Transferprojekt entwickelten Konzepte und Software-Methoden lassen sich auf andere Schadensereignisse, wie einen Flugzeugabsturz in einer Großstadt oder ein schwerwiegender Unfall in einem Großbetrieb der Chemieindustrie, übertragen. Nehmen diese Ereignisse katastrophale Ausmaße an, müssen ebenfalls großflächige Evakuierungen durch die Katastrophenschutzstäbe organisiert und ein organisationsübergreifendes Ressourcenmanagement durchgeführt werden. Katastrophenspezifische Anpassungen der Prozessmodelle und die Integration weiterer fachspezifischer Simulationen (z.B. Berechnung von Gasausbreitungswolken) sind mit den entwickelten Methoden prinzipiell möglich. Außerdem wurde die Unterstützung von operativen Prozessen des Feuerwehreinsatzes bei Großbränden in komplexen Gebäuden (Flughäfen, Hochhäuser etc.) als potentielles Anwendungsgebiet identifiziert, für das erhöhter Forschungsbedarf besteht. Dank aktueller Forschungsarbeiten werden den Feuerwehren für diese Einsätze in Zukunft weiterführende situative Informationen am Ort des Schadensereignisses zur Verfügung stehen. Dazu zählen u.a. die Positionen von Betroffenen und Einsatzkräften im Gebäude, Indoor-Navigationsfunktionen für Einsatzkräfte und Szenarien über potentielle Brandausbreitungen. Die dynamische Anpassung und Bereitstellung von Einsatzregeln in Abhängigkeit dieser digitalen Informationen und die Prozessunterstützung der Einsatzleitung und der Einsatzkräfte stellen ein zukünftiges Forschungsfeld dar, für das die Ergebnisse des Transferprojektes eine wichtige Grundlage bilden können. Eine informationstechnologische Unterstützung der Einsatzprozesse der Feuerwehr bei der Erkundung, Brandbekämpfung und Personenrettung in komplexen Gebäuden kann durch entsprechende Protokollierungsmethoden auch sehr wertvoll für die Dokumentation der Einsätze und das Training von Feuerwehrkräften sein.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Improving emergency management of water infrastructure driven by process-models. 24 nd Conference on Information Technology in Construction (W78), Maribor, Slovenia, 2007
Rüppel, Uwe; Wagenknecht, Armin
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Integrating Decision Support Applications in Computer Based Emergency Management Processes. In: Hryniewicz, Olgierd; Studzinski, Jan; Romaniuk, Maciej (Eds.): EnviroInfo 2007 - Environmental Informatics and Systems Research, Shaker Verlag, Aachen 2007
Rüppel, Uwe; Wagenknecht, Armin
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Towards a process-driven emergency management system for municipalities. In: Proceedings of the 12th International Conference on Computing in Civil and Building Engineering & 2008 International Conference on Information Technology in Construction, Peking (Volksrepublik China), Oktober 2008
Rüppel, Uwe; Wagenknecht, Armin
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Improving resource management in flood response with process models and webGIS. In: Proceedings of the 16th TIEMS Annual Conference 2009, International Emergency Management Society, Istanbul (Türkei), Juni 2009
Wagenknecht, Armin; Rüppel, Uwe