Agentenbasiertes Netzmanagement für innerstädtische Abwassersysteme
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Transferprojekts war es, mit Hilfe des Industriepartners ein Softwaresystem für das agentenbasierte Netzmanagement für innerstädtische Abwassersysteme zu entwickeln. Hierzu sollte das im DFG SPP 1103 „Vernetzt-kooperative Planungsprozesse im Konstruktiven Ingenieurbau“ entwickelte, innovative Multiagentensystem-Konzept verwendet und auf seine Übertragbarkeit und Praxistauglichkeit getestet werden. Zur Erreichung diese Ziels wurden folgende vier Teilziele definiert: 1. Erfassung und Analyse der Organisationsstrukturen sowie Arbeitsabläufe beim Netzmanagement von innerstädtischen Kanalsystemen. 2. Entwicklung eines Agentenmodells für das Netzmanagement, einschließlich der Entwicklung einer adäquaten Agentenarchitektur. 3. Implementierung des Softwaresystems für das Netzmanagement. 4. Einführung und Erprobung des Multiagentensystems beim Industriepartner. Die erarbeiteten Ergebnisse werden im Folgenden kurz zusammengefasst: Zum Zeitpunkt der Antragstellung kam beim Industriepartner ein sechsstufiges Netzmanagementkonzept zum Einsatz. Gemäß Projektantrag wurden die ersten drei Stufen agentenorientiert umgesetzt; Datenmanagement, Qualitätsmanagement und Bewertung des baulichen Ist-Zustandes. Als Ergebnis der Teilziele eins und zwei wurden die Organisationsstrukturen beim Industriepartner und die sich daraus ableitenden Interaktionen aller am Netzmanagement Beteiligten auf eine adäquate, aus Softwareagenten aufgebaute Organisation abgebildet. Aufgrund der Analyse der Arbeitsabläufe beim Industriepartner wurde erkenntlich, dass das derzeit praktizierte Netzmanagement entscheidend von der Qualität der zugrunde liegenden Daten sowie den Erfahrungen und dem Fachwissen der einzelnen Mitarbeiter abhängt. Die Überprüfung der Datenqualität ist Teil des Netzmanagementkonzepts und erfolgt im Rahmen des Qualitätsmanagements. Die Erfahrungen und das Fachwissen der beteiligten Mitarbeiter sind sowohl für das Datenmanagement als auch für ein plausibles Qualitätsmanagement und für die Zustandsbewertung von entscheidender Bedeutung. Sowohl das Fachwissen, bestehend aus Regelwerken und Normen, als auch die Erfahrungen der einzelnen Mitarbeiter mussten deshalb in informationstechnisch aufbereiteter Form in das Agentensystem integriert werden. Hierfür wurden Ansätze aus den neusten Entwicklungen in der Agentenforschung aus den Bereichen des Wissensmanagements und der Lernfähigkeit von Agentensystemen aufgegriffen und bei der Entwicklung der Agentenarchitektur umgesetzt. Besonderer Wert gelegt wurde hierbei auf eine einfache und benutzerfreundliche Wissensakquirierung, die es dem Mitarbeiter ermöglicht, ohne vertiefte Programmierkenntnisse, mit Ausdrücken aus einer natürlichen Sprache und einer intuitiven Benutzungsschnittstelle, sein Wissen in das Agentensystem einzubinden. Dies wurde über die Integration einer Wissensbasis und eines Expertensystems erreicht. Die Wissensbasis enthält alle für das Datenmanagement benötigten Fakten, das Expertensystem verarbeitet diese Fakten mit Hilfe von Regeln. Hierfür wurde eine netzdomänenspezifische Sprache (DSL) entwickelt, die es dem Benutzer erlaubt, verschiedene Sachverhalte deklarativ zu beschreiben. Das Ergebnis der Teilziele drei und vier ist ein prototypisch umgesetztes Softwaresystem für das agentenbasierte Netzmanagement für innerstädtische Abwassersysteme. Bei der Erprobung des Softwaresystems konnte, anhand von bereits abgeschlossenen Projekten des Industriepartners, die Funktionalität des Multiagentensystems nachgewiesen werden. Durch die erfolgreiche Übertragung der Konzepte aus der Tragwerksplanung auf das Netzmanagement von Abwassersystemen und der Entwicklung eines agentenbasierten Softwaresystems konnten die Allgemeingültigkeit und Flexibilität der Ergebnisse aus der Grundlagenforschung nachgewiesen werden. Die im gegenständlichen Projekt für das Netzmanagement innerstädtischer Abwassersysteme entworfenen und umgesetzten Konzepte lassen sich ohne weiteres auch auf andere Typen von Kanalsystemen übertragen, zum Beispiel auf Wasser-, Gas- und Fernwärmenetze. Ein weiteres potentielles Anwendungsgebiet, das im Laufe des Projekts erkannt wurde, ist die Kopplung von Bauwerksmonitoring und Netzmanagement. Die dem Netzmanagement zugrunde liegenden Daten über den Zustand eines Netzes ergeben sich üblicherweise aus zyklisch, manuell erfassten Daten – als Ergebnis optischer Inspektion. Hierbei handelt es sich entweder um Begehungen oder TV-Inspektionen. Der zyklische Charakter liefert aber lediglich „Momentaufnahmen“ vereinzelter Netzfragmente zu gegebenen Zeitpunkten. Auf Grund der Größe von Kanalnetzen ist somit niemals der Zustand des gesamten Netzes zu ein und demselben Zeitpunkt bekannt. Mit Hilfe von Simulationen und Hochrechnungen müssen die Zustände der Teilnetze auf einen Vergleichszeitpunkt bezogen werden. Aus den Ansätzen zur Forschung im Bauwerksmonitoring könnte ein Konzept zur zeitnahen Begutachtung des Netzzustandes entwickelt werden. Auch im Bereich der Abwasserentsorgung könnten mit Hilfe von Monitoringkonzepten die Vorgaben für gewerbliche und industrielle Indirekteinleiter zeitnah überwacht werden, bei denen – abhängig von der Gefährdungsklasse der Abwässer – ebenfalls zyklische Kontrollen stattfinden. Eine automatisierte, zeitnahe Überwachung würde den Schutz gegen Umweltverschmutzung durch Missbrauch oder Fahrlässigkeit erheblich verbessern.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Modellbasierte Prognose des Bauwerksverhaltens mithilfe von Software-Agenten. In: Lars Weber, Frank Schley, Hrsg., 17. Forum Bauinformatik – Junge Wissenschaftler forschen, September 2005
Mittrup, I., Hartmann, D.
- Agentenbasierte Diagnose von Messdaten aus der Bauwerksüberwachung, 18. Forum Bauinformatik – Junge Wissenschaftler forschen, Weimar, September 2006
Marx, A., Mittrup, I., Hartmann, D.