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Visuell gesteuertes Verhalten in komplexen 3D-Umwelten: Tier-Versuch, Computer-Simulation und Robotik-Experiment

Fachliche Zuordnung Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung Förderung von 2007 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 30327155
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Um sich in einer unbekannten Umwelt orientieren zu können, benötigt ein Tier oder ein mobiler Roboter Information über den Abstand und die Lage von Objekten, wie z.B. Hindernissen. Für Tiere, die sich schnell bewegen, wie z.B. Vögel und viele fliegende Insekten, stellt der optische Fluss eine wichtige Quelle für Rauminformation dar. Abstandsinformation kann allerdings aus optischem Fluss nur auf der Basis von Translationsbewegungen und den dadurch auftretenden Relativbewegungen zwischen unterschiedlichen Bereichen des retinalen Bilds gewonnen werden. Rotationsbewegungen führen dagegen zu abstandsunabhängigem optischen Fluss. Zahlreiche Insekten setzen charakteristische Verhaltensstrategien ein, nämlich eine sakkadische Flug- und Blickstrategie, um den optischen Translationsfluss vom Rotationsfluss zu trennen. Dies vereinfacht die Verarbeitung visueller Information im Nervensystem. Vor diesem Hintergrund hatte das Forschungsvorhaben ein wesentliches Hauptziel: Am Beispiel der Fliege, einem wichtigen Modellsystem zur neuronalen Verarbeitung von Bewegungsinformation, sollten auf der Basis von Verhaltensexperimenten und elektrophysiologischen Untersuchungen Modelle der neuronalen Architektur der sensorischen Verarbeitungsstufen sowie eines sensomotorischen Interfaces entwickelt werden, auf deren Basis wesentliche Aspekte von visuell gesteuerten Orientierungsverhalten und insbesondere Hindernisvermeidung realisiert werden können. Darüber hinaus sollten technische Nachbildungen dieser Modelle realisiert werden. Der Sinn der so entwickelten ‚CyberFly‘ sollte nicht nur in einer technischen Imitation biologischer Verarbeitungsprinzipien liegen, sondern auch als entscheidender Verifikationsschritt der biologischen Modellbildung dienen. Um das Verhalten der CyberFly nicht nur als Softwaresimulation zu testen, sondern auch in realen Umwelten untersuchen zu können, wurde im Rahmen des Projekts ein Portalkran-System aufgebaut und genutzt, das es erlaubt, ein über einen Panoramaspiegel montierten Sensorkopf in drei linearen Freiheitsgraden und einem rotatorischen Freiheitsgrad zu bewegen. Die Signale des Sensors dienten als Eingangssignale eines sensorischen Modells zur Auswertung von optischem Fluss, das auf der Basis elektrophysiologischer Untersuchungen an bewegungsempfindlichen Zellen im visuellen System der Fliege entwickelt wurde. Die Ausgangssignale des sensorischen Modells des Bewegungssehsystems lieferten den Eingang eines sensomotorischen Interfaces zur Hindernisvermeidung mittels einer sakkadischen Flug- und Blickstrategie. Es stellte sich heraus, dass diese Version der CyberFly zwar in einer Umwelt, die von Wänden mit einer bestimmten Textur umgeben war, zur Hindernisvermeidung in der Lage ist, dass diese Fähigkeit jedoch bei anderen Umwelttexturen nicht mehr gegeben ist. Diese starke Abhängigkeit von den Mustereigenschaften der Umwelt ist eine Konsequenz des verwendeten Modells des Bewegungssehsystems, da sie nicht erkennbar ist, wenn ein geeignetes sensomotorisches Interface Eingangssignale von einem technischen Bewegungsdetektionsalgorithmus bekommt. Die Musterabhängigkeit der derzeitigen Version der CyberFly stellt jedoch kein Artefakt des sensorischen Modells dar: Zum einen ist sie auch dann noch vorhanden, wenn die visuellen Eingangssignale des Bewegungssehsystems in biologisch plausibler Weise vorgearbeitet werden und sogar – als Extremfall – wenn diese weitgehend kontrastunabhängig sind. Zum anderen findet man eine qualitativ ähnliche Musterabhängigkeit auch bei realen bewegungsempfindlichen Nervenzellen im visuellen System der Fliege. Trotz der Musterabhängigkeit des sensorischen Modells und der realen Zellen zeigt das Flugverhalten der Fliege nur eine sehr begrenzte Texturabhängigkeit, und Kollisionen mit Hindernissen treten nur selten auf. In weiterführenden Untersuchungen werden Möglichkeiten untersucht, wie mit einem nach biologischem Vorbild modellierten Bewegungssehsystem Hindernisvermeidung auf der Basis von optischem Fluss robust realisiert werden kann. Diese Modellierungsergebnisse stellen dann die konzeptionelle Grundlage für weitere Untersuchungen auf der neuronalen und Verhaltensebene dar.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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