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Hydrogelbasierte Mikrofluidik-Prozessoren

Fachliche Zuordnung Mikrosysteme
Förderung Förderung von 2007 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 30593839
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Leistungsfähigkeit und Entwicklungsstand heutiger Mikrosysteme liegen weit hinter mikroelektronischen Systemen zurück. Besonders in der Mikrofluidik gelang es bislang nur in Ausnahmefällen, integrationsfähige Technologien mit größerem wirtschaftlichem Nutzen zu entwickeln. Wesentliche Fortschritte sind insbesondere von neuen Ansätzen zu erwarten, welche aufgrund ihres Eigenschaftsprofils essentielle Schwächen bisheriger Ansätze vermeiden. In dieser Hinsicht erscheinen intrinsisch aktive Polymere als Basismaterialien integrationsfähiger Technologieplattform äußerst interessant. Ziel des Projekts war die Entwicklung der Grundlagen für zwei Grundtypen aktiver integrierter Mikrofluidik-Systeme auf Basis intrinsisch aktiver Polymere: (i) steuerbare (mikroelektromechanische) und (ii) energieautarke, automatische [mikro(chemo)- mechanische] Mikrofluidik-Prozessoren. Die Arbeiten sollten den Charakter einer Plattformtechnologie- Entwicklung besitzen. Zunächst galt es, die chemisch-technologischen Voraussetzungen für die Plattform zu schaffen. Im Rahmen polymersynthetischer Arbeiten konnten anhand des Modellpolymers Poly(N-Isopropylacrylamid) für vernetzte Polymere Strategien zu Modifizierung und Verbesserung der mechanischen und aktorischen Eigenschaften entwickelt werden. Es entstanden mehrere Methoden zur Mikrostrukturierung dieser Polymere. Als geeignetstes Mikrostrukturierungsverfahren erwies sich eine vernetzende Fotopolymerisation, welche derzeit eine Auflösungsgrenze von ca. 20μm besitzt und den Anforderungen in vollem Umfang genügt. Unvernetzte Polymere lassen sich nicht fotolithografisch strukturieren. Zu deren Strukturierung bzw. Integration in die Mikrosysteme eignen sich der Siebdruck und Pick-and-Place-Technologien. Die Aufbau- und Verbindungstechnologie der Mikrochips basierte auf einer PDMS-Technologie, welche sehr gut ausgebaut werden konnte. Eine wichtige Voraussetzung für die Realisierung integrierter Mikrosysteme ist eine kosteneffiziente Fertigung großformatiger Mikrosysteme, die mit herkömmlichen Methoden kaum realisierbar sind. Deshalb entstand das Konzept mehrfach verwendbarer trockenresistbasierter Abformmaster, welche maximal 155x200mm groß sein und standardmäßig innerhalb von 2-3 Tagen gefertigt werden können. Die Forschungsarbeiten zu steuerbaren mikroelektromechanischen Fluidik-Prozessoren beinhalteten grundlegende Untersuchungen in den Bereichen der aktiven Grundelemente sowie des Entwurfs mikrofluidischer SSI (small-scale integrated, ≤ 10 Elemente) und MSI (medium-scale integrated)-Prozessoren mit bis zu 100 aktiven Elementen, wie sie in der Point-of-Care-Analytik benötigt werden. Es entstand eine in der Mikrofluidik beispiellose Grundelementepalette, welche verschiedene Typen von Mikropumpen (Diffusionspumpen, Verdrängerpumpen), Mikroventile, chemische Sensoren und eine neue Bauelementeklasse, die chemischen Transistoren (Chemostatventile), umfasst. Ein zweiter Schwerpunkt beschäftigte sich mit Prinzipien des Entwurfs und der Dimensionierung komplexer fluidischer Schaltungen sowie der Entwicklung zweier Mikrochip- Architekturen. Im Rahmen des Projekts wurde ein steuerbarer MSI-Prozessor zur automatisierten Enzymkinetik-Analyse entwickelt. Die Tatsache, dass aus Gründen der Vergleichbarkeit viele Analyse- und Diagnoseaufgaben immer exakt gleich durchgeführt werden müssen und die Bestecke aus Kontaminationsgründen häufig nur einmal verwendet werden können, animierte die Entwicklung automatischer, energieautarker Mikroprozessoren. Auf Basis einer zweiten Klasse intrinsisch aktiver Polymere, der phasenveränderlichen Polymere, welche befähigt sind, ihren Zustand einmal signifikant zu ändern, entstand eine Fertigungstechnologie und eine Grundelementepalette, welche Mikropumpen, Öffner- und Schließventile, hydrodynamische Transistoren sowie – als neues aktives Bauelement - den zeitveränderlichen fluidischen Widerstand umfasst. Die Technologie ist hochintegrationsfähig und die Mikroprozessoren sind schon bei der Herstellung vorprogrammierbar, so dass sie befähigt sind,dieses Programm selbstständig abzuarbeiten. In aktuellen Arbeiten entstanden ein Mikroprozessor mit 1.400 aktiven Elementen, der befähigt ist, 16 Tage lang selbsttätig eine äquidistante Expressionslevelanalyse durchzuführen, sowie ein Mikrochip zur Untersuchung einer Metabolismenkinetik. Zusammenfassend gelang es, zwei Plattformtechnologien für vollpolymere fluidische Mikrosysteme auf Basis intrinsisch aktiver Polymere zu entwickeln, welche sich in ihrem Eigenschaftsprofilen deutlich von den anderen literaturbekannten Mikrofluidik-Plattformen unterscheiden. Steuerbare (mikroelektromechanische) Mikrofluidik-Prozessoren für den SSI- und MSI-Bereich auf Basis stimuli-sensitiver Hydrogele offerieren eine bespiellose Bauelementepalette und lassen sich mit einfachen monolithischen Aufbauten realisieren. Sie entsprechen vom Fertigungsaufwand den Anforderungen des Einweg-Konzepts. Gänzlich ohne Beispiel ist ebenfalls das Konzept der hochintegrationsfähigen automatischen, energieautarken [mikro(chemo)mechanischen] Mikroprozessoren auf Basis phasenveränderlicher Polymere. Aufgrund des erfreulichen Entwicklungsstandes dieses Konzepts erhoffen wir uns, dass es schnell gelingt, der Mikrofluidik im applikativen Bereich wesentliche Impulse zu verleihen.

 
 

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