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Das Wanderverhalten von Lang- und Mittelstreckenziehern bei Singvögeln
Antragsteller
Professor Dr. Heiko Schmaljohann
Fachliche Zuordnung
Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Förderung
Förderung von 2016 bis 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 311144517
Vögel werden in Standvögel sowie fakultative und obligate Zugvögel unterteilt. Diese Kategorien sind allerdings nicht starr. Die klassischen Vertreter dieser Kategorien befinden sich an unterschiedlichen Stellen eines Kontinuums. Innerhalb des paläarktisch-afrikanischen Wandersystems unterscheidet man zwischen trans-Saharaziehern (Langstreckenzieher), die alle südlich der Sahara überwintern, und Mittelstreckenziehern, die im südlichen Europa bis nördlichen Afrika überwintern. Da unbekannt ist, ob und wie sich diese beiden Gruppen in ihrem Wanderverhalten im Speziellen unterscheiden (nicht bezüglich der Wanderdistanz), ist es schwierig zu erklären, warum sich die saisonale Phänologie der Langstreckenzieher als Reaktion auf die Klimaveränderung anders verändert als die der Mittelstreckenzieher. Obwohl viele Studien das Wanderverhalten einzelner Vogelarten untersuchten, fehlt bis heute eine Studie, die zum einen Lang- und Mittelstreckenzieher gemeinsam am selben Ort und zur selben Zeit vergleichend untersucht und zum anderen Käfigexperimente mit Untersuchungen an freifliegenden Vögeln verbindet.Theorien zum optimalen Wanderverhalten besagen, dass Mittelstreckenzieher mehr Zeit für ihre saisonalen Reisen haben als Langstreckenzieher. Für Mittelstreckenzieher wird daher vermutet, dass sie die Energiekosten für ihre Wanderung minimieren, während Langstreckenzieher ihre Wandergeschwindigkeit maximieren, um die weit entfernten Wanderziele rechtzeitig zu erreichen. Langstreckenzieher haben zudem weniger Zeit für andere jährliche Lebenszyklusabschnitte wie Brut, Mauser und Überwinterung. Es wird daher vermutet, dass ein stärkerer stabilisierender Selektionsdruck auf Arten mit längeren Zugwegen wirkt als auf Arten mit kürzeren Zugwegen. Die geringe phänotypische Variation in der saisonal-zeitlichen Organisation der jährlichen Lebenszyklusabschnitte soll bei Langstreckenziehern durch eine niedrige vererbte Variation im Verhalten bedingt sein.Ich beantrage hier, das Wanderverhalten von Lang- und Mittelstreckenziehern anhand von vier gut vergleichbaren Singvogelarten zu untersuchen. Dabei werde ich Käfigexperimente mit freilebenden Zugvögeln mit radiotelemetrischen Freilanduntersuchungen derselben Vögel kombinieren. Um das Wanderverhalten von freifliegenden Zugvögeln detailliert zu erforschen, plane ich, ein großräumiges, automatisch digitales Radiotelemetrie-Netzwerk an den Nordseeküsten Deutschlands zusätzlich zu dem von mir auf Helgoland errichteten System aufzubauen. Mit dem vorgeschlagenen System wird das Wanderverhalten individueller Vögel über große Bereiche der Deutschen Bucht erfasst.Dies wäre die erste Studie, die mit einem ganzheitlichen Ansatz (Käfig + Freiland) die von der Selektion gefundenen unterschiedlichen Lösungen für Lang- und Mittelstreckenzieher bezüglich des Wanderverhaltens (Zeit vs. Energie) und der Bandbreite der Reaktionsnorm auf die sich verändernde Umwelt darstellt.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen