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Optische Auftritte - mise en page in Journal- versus Buchliteratur
Antragstellerinnen / Antragsteller
Professorin Dr. Nicola Kaminski; Professor Dr. Volker Mergenthaler
Fachliche Zuordnung
Germanistische Literatur- und Kulturwissenschaften (Neuere deutsche Literatur)
Förderung
Förderung von 2016 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 262766954
Das Teilprojekt begreift die wechselseitige Semantisierung literarischer Texte und der je unterschiedlichen typographischen wie materialen Gestaltung ihrer Trägermedien als lohnendes Forschungsfeld einer Medienliteraturgeschichte. Seine Prämisse ist, dass ein literarischer Text nicht als 'bloßer' Text, losgelöst von seiner medialen Erscheinungsform, gegeben ist, sondern sich erst durch seinen 'optischen Auftritt', im komplexen Zusammenspiel textueller und medialer Semantiken, zum Ausdruck bringt. Dieses performative Potential, das seine Qualität im konkreten Mediengebrauch ausspielt, ist grundsätzlich jedem Text eigen, insofern er nicht anders kann, als medial in Erscheinung zu treten; eine dezidiert reflexive, den Leser performativ involvierende Dimension entfaltet sich jedoch vorzugsweise da, wo das mediale Erscheinungsbild von Literatur sich als Konkurrenzfaktor zur Geltung bringt. Eine solche paradigmatische Konstellation sieht das Teilprojekt vor dem Hintergrund rasanter drucktechnischer Innovationen und fortschreitender Ökonomisierung der Buchproduktion auf dem literarischen Markt der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis in die ausgehenden 1860er Jahre gegeben - ein Zeitraum, der nicht zufällig mit der Konjunktur des neuen, ganz auf den 'optischen Auftritt' setzenden Modemediums Taschenbuch konvergiert. Fortan konkurrieren nicht allein Buch und Journal (zunächst als Zeitschrift, in der zweiten Jahrhunderthälfte zunehmend auch als Tageszeitung) um die belletristische Produktion und je unterschiedlich konturierte Publika, sondern auch das journalartig periodisch auftretende, zugleich buchförmig kostbar gestaltete Taschenbuch.Was auf diesem durch Konkurrenz und Interferenz der Medienformate wie der je zu gewinnenden Lesergruppen geprägten Marktplatz als 'Literatur' gehandelt wird, das definiert das Teilprojekt als seinen Untersuchungsgegenstand. Es fahndet damit vor die in der (Nach-)Goethezeit kontrovers durchgesetzten literaturhistorischen Kanonisierungsprozesse zurück. Leitende These ist, dass die derart vom zeitgenössischen Markt her bestimmte 'Literatur' sich zu diesem Markt medial verhält, daß sie performativ zu ihm Stellung bezieht. Und dies um so entschiedener, wenn sie den ökonomisch-ästhetischen Schauplatz nicht nur einmal betritt, sondern mehrfach, in medienformatspezifisch unterschiedlicher Gestalt, um so gleichsam mit sich selbst zu konkurrieren. Solchen optischen 'Mehrfachauftritten' und den in ihnen medial performierten 'Statements' gilt das Erkenntnisinteresse des Teilprojekts. Sein Ziel ist es, durch Fallstudien zu jeweils mehrfachpublizierten kanonisierten, trivialisierten und 'vergessenen' Texten zum Projekt einer medienliteraturgeschichtlich revidierten Literaturgeschichte den Entwurf einer impliziten Medienliteraturgeschichte beizusteuern, die vom literarischen Druckwerk 'selbst' vorgetragen wird.
DFG-Verfahren
Forschungsgruppen