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Eine resiliente Stadt: Die Republik Venedig im 15. Jahrhundert

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung von 2016 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 313809822
 
Im Mittelpunkt des Projekts steht die Resilienz der Republik Venedig im 15. Jahrhundert. Ohne Zweifel beruhte diese auf sehr unterschiedlichen Faktoren und Maßnahmen, die auf verschiedene Problemfelder zielten. Das Vorhaben selbst konzentriert sich in der ersten Förderperiode auf den Rat der Zehn, der 1335 als Verfassungsorgan etabliert worden war und der Gefahren für die Republik als solche zu erkennen und schnell abzuwenden hatte. In Verbindung von sozio-kultureller und sozio-politischer Perspektive wird einerseits nach den Deutungsmustern gefragt, die den Rat der Zehn Vulnerabilitäten und disruptive Ereignisse identifizieren ließen, sein Eingreifen rechtfertigten, seine Strategien leiteten und die Auswahl bzw. Generierung seiner Ressourcen beeinflussten. Andererseits ist zu untersuchen, welche Stellung der Rat der Zehn im Macht- und Herrschaftsgefüge Venedigs einnahm, wie er im Einzelfall vorging und welchen Spielraum er besaß. Den zeitlichen Rahmen bilden die wenig erforschten Jahrzehnte der Handelssperren Sigismunds (1412/13; 1418-1433), mit denen der ungarische und römisch-deutsche König auf die Expansionspolitik Venedigs reagierte. Obwohl die Republik in dieser Phase eine Vielzahl ineinandergreifender Herausforderungen zu bewältigen hatte und ihre Destabilisierung drohte, gingen das politische System und der Adel als seine Trägergruppe aus der Krise gestärkt hervor. Der bereits bestehende "Mythos Venedig", der die Persistenz der Republik hervorhob und Resilienzprozesse überdeckte, wurde gefestigt und dauerhaft im historischen Gedächtnis verankert. Hier genauer hinzusehen und den Rat der Zehn in den Fokus zu nehmen, der im Umfeld der Embargos seine Kompetenzen erheblich erweiterte und polizeilich, richterlich und gesetzgeberisch tätig wurde, ist lohnenswert und führt zu hochaktuellen Fragen. Da zu den Strategien des Rats der Zehn die Zensur, der politische Mord und die Überwachung der Bürger zählten, ist auf der Basis der Untersuchungsergebnisse zu diskutieren, aus welchen Gründen die venezianische Gesellschaft derartige Handlungen tolerierte und warum sie Nebenfolgen wie eine von Mistrauen geprägte politische Kultur in Kauf nahm. Ein Argument war die akute Notwendigkeit (necessitas), die situative, zur Verstetigung neigende Lösungen rechtfertigte und insofern in einem engen Zusammenhang mit den Vorgängen von Bewältigung, Anpassung und Transformation stand. Die Analyse des Begriffs, der neben der Notwendigkeit auch das Bedeutungsspektrum von Not, Notdurft und Notstand umfasste, reicht in die zweite Förderperiode hinein. In dieser wird für das ausgehende 15. Jahrhundert und beginnende 16. Jahrhundert erforscht, wie die necessitas in juristischen, humanistischen und politiktheoretischen Schriften reflektiert und in der politischen Kommunikation Venedigs instrumentalisiert wurde. Zu erwarten sind Aufschlüsse über politische Resilienz im diffusen Grenzraum zwischen Ausnahme- und Normalzustand.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
 
 

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