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Selbsttechnologien im sozialen Wandel. Eine qualitativ-genealogische Untersuchung der Technologien des Selbst.

Antragstellerin Dr. Sabine Beckmann
Fachliche Zuordnung Soziologische Theorie
Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2016 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 315330897
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Analyse der Selbsttechnologien im sozialen Wandel aus subjektorierntierte Perspektive, indem ich Selbsttechnologien als Subjektvierungsweisen untersuchte, wurde methodisch anhand einer qualitativen Sekundäranalyse im Längsschnittdesign, also unter Verwendung von verschiedenen Studien, die zwischen 1990 und 2002 durchgeführt wurden, umgesetzt. Dabei habe ich mich auf die Untersuchung von Selbsttechnologien im Kontext des Zeitnutzungsimperativs (Burzan) konzentiert. Aufforderungen wie „Nutze den Tag!“, "Verschwende keine Zeit!", "Sei aktiv!" sind Zeitnutzungsnormen, die den Alltag und die Zeitgestaltung der spätmodernen Menschen beherrschen. Wie sehr diese Normen schon seit Ende der 1980er Jahre vorherrschen, konnte ich in den Untersuchungen qualitativer Interviews aus dieser Zeit aufzeigen. Demnach geht der Zeitnutzungsimperativ zumeist damit einher, dass in der Lebensgestaltung der Befragten Zeit für Ruhe und Muße fehlt. Mit Blick auf Subjektivierungsweisen der Individuen unterfüttert die Analyse die Ausführungen Hartmut Rosas über die Beschleunigung der Lebensweise durch eine Erhöhung des Lebenstempos und der Verdichtung der Alltagshandlungen. Durch die Interviewanalysen kann aufgezeigt werden, dass sich diskursive wie auch handlungspraktische Orientierungsmuster eines Imperativs, die Zeit zu nutzen, sie nicht zu verschwenden und stets aktiv sowie effizient zu sein, quer durch verschiedene Schichten und Lebensrealitäten ziehen, also überaus hegemoniale Praktiken und Werte darstellen. Der theoretische Erklärungsversuch der empirischen Ergebnisse führte mich zu Überlegungen, worin der Zeitnutzungsimperativ und die damit einhergehende Ablehnung von Müßiggang begründet sein könnten. Hierfür knüpfte ich an gesellschaftstheoretische Ansätze wie etwa Webers protestantischer Arbeitsethik an. Die Untersuchung verdeutlicht damit die persistente Wirkung eines Zeitnutzungsimperativs, der sich über die Jahrzehnte hinweg vom protestantischen Arbeitsethos bis hin zu Selbstoptimierungs- und Aktivierungsaufforderungen in der Gegenwart gehalten und entwickelt hat.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2019). Biografien im sozialen Wandel verstehen. Qualitative Sekundäranalysen als mikroanalytischer Zugang zur Erforschung gesellschaftlicher Veränderungen. In Burzan, Nicole (Hg.). Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen. Verhandlungen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Göttingen 2018, 39, Göttingen: Deutsche Gesellschaft für Soziologie
    Beckmann, S.
  • (2020). Ungewöhnliche Längsschnittanalysen. Die Wiederverwendung qualitativer Interviews in der sozialwissenschaftlich-genealogischen Forschung. In Richter, C./Mojescik, K. (Hg.). Vom Geben und Nehmen. Die Praxis der Aufbereitung und sekundäranalytischen Nutzung von qualitativen Daten in der Sozialwissenschaft und ihren Nachbardisziplinen. Wiesbaden: Springer VS, 287-304
    Beckmann, S./Ehnis, P.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-658-32851-1_16)
 
 

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