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Konsistente physikalisch-basierte Modellierung der dynamischen Rekristallisation unter Umformbedingungen

Fachliche Zuordnung Ur- und Umformtechnik, Additive Fertigungsverfahren
Mechanische Eigenschaften von metallischen Werkstoffen und ihre mikrostrukturellen Ursachen
Förderung Förderung von 2016 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 315419526
 
Für die Auslegung von Warmumformprozessen spielt das Verständnis der Fließspannungs- und Gefügeentwicklung während der dynamischen Rekristallisation (DRX) eine entscheidende Rolle. In der Umformsimulation werden heute immer noch überwiegend semi-empirische Modelle der DRX eingesetzt. Diese Modelle beruhen allerdings nicht auf inneren Zustandsvariablen und sind daher nicht in der Lage, den Ablauf der DRX physikalisch korrekt abzubilden. Somit ist eine Extrapolation über die im Labor bei der Modellkalibrierung untersuchten Bedingungen hinaus prinzipbedingt mit großen Unsicherheiten behaftet. Obwohl physikalisch-basierte Modelle das Potenzial haben, die bestehenden Lücken zu schließen, erscheinen auch hier signifikante Weiterentwicklungen notwendig. So wird bei keinem der heute verfügbaren Modelle der aktuelle Stand der metallphysikalischen Erkenntnisse über den Ablauf der DRX hinreichend berücksichtigt. Vielfach wird z.B. immer noch davon ausgegangen, dass die Keimbildung der DRX eine kritische Versetzungsdichte erfordert. Neuere Erkenntnisse über die Bildung von Versetzungsdichtegradienten an den Kornrändern, von Zellstrukturen im Korn als Vorstufe für mobile Subkorngrenzen und die Interaktion von Subkorngrenzen und den Großwinkelkorngrenzen des Ausgangsgefüges als Keimbildungsmechanismus der DRX haben noch keinen Eingang in die Modellbildung gefunden. Auch ist die dynamische Erholung in diesen Modellen unabhängig von der Stapelfehlerenergie formuliert. Noch unbefriedigender ist die mangelnde thermodynamische Konsistenz bestehender DRX Modelle. So kann nachgewiesen werden, dass die häufig verwendeten Avrami-Kinetiken mit einem Avrami Exponenten kleiner oder gleich 3 inkonsistent zum thermodynamisch basierten Poliak-Jonas-Kriterium für die kritischen Bedingungen der DRX sind. Aus den üblichen Modellannahmen der Keimbildung ergibt sich aber gerade ein Exponent von 3. Sowohl aus der Umformtechnik als auch aus der Metallphysik ergibt sich somit der Bedarf einer grundlegend erweiterten Modellbildung der DRX. Die Ziele des vorliegenden Antrags sind daher, das metallphysikalische Verständnis des Ablaufs der DRX unter Prozessbedingungen der Warmumformung zu erweitern, ein physikalisch-basiertes, stapelfehlerabhängiges und thermodynamisch konsistentes Modell für die dynamische Rekristallisation zu entwickeln, am Beispiel eines Hochtemperaturwerkstoffs (Alloy 800H) den Nachweis zu erbringen, dass die gekoppelte Evolution der Mikrostruktur und Fließspannung unter Umformbedingungen präzise beschrieben werden kann, das Modell in eine Finite Elemente Software für die Umformsimulation zu implementieren und dabei Probleme der Zeitschrittweitenabhängigkeit der Mikrostrukturentwicklung zu lösen sowie das Modell zu validieren. Mit diesen Arbeiten sollen bestehende Lücken bei der physikalisch-basierten Modellierung der dynamischen Rekristallisation geschlossen und ein praxisrelevantes Modell für die umformtechnische Prozessauslegung geschaffen werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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