Function of gall bladder cholinergic brush cells
Nuclear Medicine, Radiotherapy, Radiobiology
Final Report Abstract
Vor über 40 Jahren wurde durch elektronenmikroskopische Untersuchungen ein bis dahin unbekannter Zelltyp im Epithel der Gallenwege und -blase entdeckt, der wegen eines Büschels an steifen Mikrovilli auf seiner Oberfläche als „Bürstenzelle“ bezeichnet wurde, dessen Funktion bis zu Projektbeginn aber ungeklärt blieb. Aufgrund der in den Vorjahren gewonnenen Erkenntnisse an anderen Organsystemen und den projektbezogenen Vorarbeiten wurde die Hypothese formuliert, dass die Bürstenzellen der Gallenwege/-blase Wächterzellen für die Aszension von Darmkeimen in das Gallengangsystem und damit letztlich zur Leber sind. Als molekulare Sensoren bakterieller Produkte galten Geschmacksrezeptoren, insbesondere Bitterrezeptoren, als wahrscheinliche Kandidaten. Diese Hypothese wurde am Modell der Gallenblase der Maus mit optogenetischen Ansätzen und genereller sowie zelltypspezifischer Genausschaltung untersucht. Die zelltypspezifische Gendeletion wurde dabei durch die Identifikation des Strukturpoteins Advillin als neuen Bürstenzellmarker ermöglicht. Die Eingangshypothese wurde in den Grundzügen bestätigt und die Signal- und Effektorwege über das ursprünglich avisierte Maß hinaus aufgeklärt. Bitterstoffe und -rezeptoren spielen dabei aber keine Rolle. Bürstenzellen reagieren über den Ionenkanal ENaC auf erhöhte Salzkonzentration, wobei die physiologische Rolle noch unklar ist. Für Propionat, eine kurzkettige Fettsäure, die von Darmbakterien durch Kohlenhydratfermentierung gebildet wird und in hoher Konzentration im Darm vorkommt, konnte die Signalkette von der Bürstenzellaktivierung bis zu den funktionellen Effekten auf die Gallenblase aufgedeckt werden. Propionat aktiviert die Bürstenzellen über den Rezeptor FFAR2 (Free Fatty Acid Receptor-2). Im weiteren Signalweg innerhalb der Zelle ist auch der ursprünglich in Geschmackszellen identifizierte Ionenkanal TRPM5 essenziell. Diese Stimulation bewirkt die gleichzeitige Ausschüttung zweier Überträgerstoffe, die bisher in keinem anderen Kontext als Kotransmitter identifiziert wurden: Azetylcholin - dies war aufgrund der Vorbefunde erwartet - und Cysteinyl-Leukotriene. Azetylcholin bewirkt dabei über den Rezeptor M3R eine Ausschüttung von Muzingranula aus den benachbarten Epithelzellen, Cysteinyl-Leukotriene über den Rezeptor CysLTR1 eine Kontraktion der Gallenblase. Dies kann als synergistisch-protektive Antwort gegenüber der Aszension von Darminhalt/Keimen in das Gallenwegsystem gesehen werden: Muzine dienen der Bindung von Bakterien, die Kontraktion leert und verschließt das Hohlraumsystem. Für eine Einschaltung von Nervenfasern und Auslösung von protektiven neuronalen Reflexen, wie sie von uns früher für ähnliche Wächterzellen in der Harnröhre gezeigt wurde, liegen in der Gallenblase keine Hinweise vor. Beim Menschen konnten Bürstenzellen mit vergleichbarer molekularer Ausstattung identifiziert werden, was wiederum auf ähnliche Funktionen schließen lässt. Hier liegen sie bevorzugt in den extrahepatischen Gallenwegen statt in der Gallenblase, was wegen der hohen Cholezystektomierate in westlichen Nationen relevant ist. Es liegt die Vermutung nahe, dass ein Defekt dieses Abwehrsystems zu wiederkehrenden Keimbesiedlungen bis hin zur biliären Sepsis, häufiger aber wohl zu Gallenblasenentzündungen mit den Folgen einer Gallensteinbildung oder auch einer Karzinomentstehung führen könnte. Wegen der hohen Prävalenz dieser Erkrankungen ist dies eine klinisch relevante Hypothese, die in Folgeuntersuchungen geprüft werden sollte.
Publications
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