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Translationen des neuzeitlichen Naturrechts durch die Rechtfertigung von Kolonialismus und Sklaverei und die Ursprünge der Rassentheorie

Fachliche Zuordnung Geschichte der Philosophie
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 317049230
 
Das Projekt untersucht die Verbindung von Kolonialismus und Rassentheorie in ihren frühen Ausformungen und die mit ihrer territorialen Wanderung verbundenen theoretischen Veränderungen. Als Analyseinstrument dient das Konzept der Translation, das bereits in einem von der DFG geförderten Projekt über die Entwicklung des subjektiven Rechts zum Tragen kam. Das neue Projekt soll die Wechselwirkungen (natur-)rechtlicher, theologischer und (natur-)wissenschaftlicher Reflexionen über die (und den) Menschen untersuchen, die seit der Spanischen Scholastik die Rechtfertigungen von kolonialer Eroberung, transatlantischem Sklavenhandel und kolonialer Sklavenhaltung, aber auch die Kritik daran bestimmten. Dabei weist deren Wanderung aus einer theologisch dominierten Umgebung in die neuzeitliche, wesentlich säkularisierte Diskussion eine eigentümliche Widersprüchlichkeit auf: Zwar nahm man im 16. Jahrhundert nicht durchweg an, dass alle Menschen gleich vor dem Gesetz seien, doch wurden die Argumentationen ,etwa bei Vitoria und Molina, so ausgeführt, dass sie auch bei nicht-christlichen, nicht-europäischen Menschen Überzeugungskraft beanspruchten. Dagegen finden wir im 18. Jahrhundert vielfach die Annahme der Gleichheit der Menschen als Personen während man zugleich die Inferiorität der nicht-weißen Rassen für selbstverständlich hält. Die allgemeine Freiheit der Menschen wird nicht als Widerspruch zu deren massenhafter Deportation aus dem afrikanischen Kontinent thematisiert. Die Rechtfertigung des Kolonialismus wird dabei aus dem Denkrahmen der Scholastik gelöst und zunehmend säkular, teilweise privatwirtschaftlich als ein Kolonialismus der Siedler behandelt. Mit dieser Verschiebung sind die Gedanken des freien Meeres (mare liberum) und des Niemandslandes (terra nullius) verbunden. Die komplexen Verflechtungen von früher Rassentheorie und Rechtfertigung von Kolonialismus werden in der philosophischen Diskussion bislang eher marginalisiert, teils werden die Naturrechtslehrer pauschal als Komplizen eurozentrischer Expansionspolitik gedeutet, teils wird die Herausbildung modernen Rechtsdenkens losgelöst von ihrer Verbindung mit dem kolonialen Herrschaftssystem und dessen Rechtfertigung, die u.a. auf den Status der Urbevölkerung Bezug nimmt, betrachtet. Aufgabe des Projektes ist es, abseits von Pauschalisierungen einige markante Argumentationsfiguren in ihrer vielfältigen Rezeption zu untersuchen. Unter diesem Gesichtspunkt befasst sich eines der Teilprojekte mit den frühen Kulminationspunkten (vor)wissenschaftlicher Rassentheorien, das andere untersucht die expliziten und impliziten anthropologischen Annahmen, die sich in etatistischen, meist spanischen, und eher auf individuelle Besiedlung rekurrierenden, oft englischen oder niederländischen Kolonialisierungsrechtfertigungen über die Bewohner der betreffenden Gebiete finden. Beide Teilprojekte sollen aus unterschiedlichen Perspektiven die ersten Schritte dieser Entwicklung erfassen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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