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Syrische Präsenz und liturgische Transformation in der Martorana, Palermo 1143-1193; Teil 4: Der kalbidische Saal, Qasr Giafar 997-1071

Fachliche Zuordnung Kunstgeschichte
Förderung Förderung von 2016 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 317067866
 
Die Transformation der Palastmoschee des Kalbidenemirs Giafar (997) zu Audienzsaal und Kapelle Graf Rogers I. 1071 ist nicht erforscht. In den nach Norden gelegenen Räumen des Qasr Giafar (Villa Favara) in Palermo haben sich jedoch bedeutende Reste und Spuren aus kalbidischer Zeit erhalten, sowie liturgische Einbauten für den byzantinischen Ritus. Die im Rahmen des Projektes bisher durchgeführten Untersuchungen zum Modus von Synkretismus, Adaption und Umdeutung von Kalligraphie und liturgischem Raum in Martorana und konstantinischer Basilika haben hier eine überraschende Parallele: der aus der Spätzeit des kalbidischen Emirats (989-1036) stammende Bau kann als Paradigma vornormannischer Architekturformen und-funktionen in diesem Kontext ganz neue Aufschlüsse geben, denn die Umwandlung erfolgte 1071 simultan mit der Wiederweihe der alten Basilika nach 200 Jahren als Freitagsmoschee. Die kalbidischen Reste sind seit 1897 nicht wieder thematisiert worden. Neben einer prachtvoll ausgestatteten Mihrabnische sind es vor allem bisher unerkannte Residuen eines überkuppelten Minaretts, die es im Einzelnen zu dokumentieren und auszuwerten gilt. Das historiographische Vakuum auf Sizilien zwischen Spätantike und normannischer Eroberung kann durch unerschlossene Quellen und die materiellen Reste der Kalbidenzeit ganz wesentlich ergänzt werden. Einerseits hat die Prachtentfaltung der letzten Kalbiden die Präferenz der Normannen für islamische Bauformen entscheidend geprägt, andererseits hatte offenbar bereits der Kalbidenhof Formensprache und Techniken aus Kairo und Kairouan ab den 990er Jahren einer im Maghreb singulären, griechisch-byzantinisch und syrisch-melkitisch dominierten, nur teilweise muslimischen urbanen Bevölkerung assimiliert. Bereits lange vor dem Bau der Martorana 1143 zeigen griechische Baumeister, die aghlabidische und tulunidische Formen umsetzten, wie die Orthodoxie Siziliens auch unter der Herrschaft der Kalbiden Teil der byzantinischen Welt blieb: die bereits erforschten arabisierten Elemente in der Martorana ab 1155 sind hier auch als Ausdruck eines spezifischen Kontinuums neu zu bewerten. Eine weit zurückreichende Basis des demographischen Wandels sollte damit deutlicher erkennbar werden. Neben der Quellenrecherche und der Erfassung sowie Photodokumentation sämtlicher in situ verbliebener Strukturen und Reste der Palastmoschee und ihrer Transformation zur ersten Kapelle Graf Rogers, soll insbesondere die Suche nach und Dokumentation von Artefakten, wie Inschriften, Holz- und Stuckfragmente, die seit den 1890er Jahren aus dem Originalkontext verbracht wurden und sich heute im Depot der Galleria Regionale befinden, im Mittelpunkt des Projektes stehen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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