Neuartige Phosphoramide als Wasserstoffbrückenkatalysatoren
Zusammenfassung der Projektergebnisse
a) Im Vergleich zu Diaryl-Thioharnstoffen oder Diaryl-Quadratsäureamiden offenbaren experimentelle Röntgenstrukturen und Anionen-Bindungsstudien sowie theoretische Analysen, daß Cyclodiphosph(V)-azane eine höhere Tendenz zur "Ein"-Atom-Bindung von Substraten mit Carboxylat- (oder Nitro-) Gruppen aufweisen. b) Aus unseren Studien an achiralen, Anilin-basierten Cyclodiphoph(V)azanen wird deutlich, daß kooperative, duale N-Hin-in Orientierungen der beiden Amid-N-H Funktionalitäten begünstigt sind, wenn Substrate gebunden oder stabilisierende ArylorthoC-H…(O/S=P)-Kontakte realisiert werden können. Schwefel-Derivate mit S=P-Funktionen und unsubstituierte N-Ph Gruppen neigen demnach stärker zu NHout Orientierungen, die dann nicht für kooperative, duale N-H-Substratbindungen zur Verfügung stehen. Dieser Trend wird auch in Anionen-Bindungsstudien und Gegenion-Katalysen deutlich. Ein optimaler Cyclodiphosph(V)azan-Katalysator sollte demnach das schon in Schreiner's Thioharnstoff bewährte 3,5-(CF3)2-Substitutionsmuster sowie O=P-Funktionen aufweisen. c) Die bisher entwickelten Cyclodiphosph(V)azan-Katalysatoren liefern in Michael-Additionen von Hydroxynaphthochinon, Hydroxycumarin oder 2-(Chloromethyl)-5-Hydroxy-4H-Pyran-4-on an β-Nitrostyrol moderate bis gute (z.B. 91% ee) Enantiomerenüberschüsse. P=S- Funktionen oder meta-CF3-substituierte Arylgruppen liefern hierbei überraschenderweise aber keine selektivitätssteigernden Effekte. Da das 3,5-(CF3)2-Substitutionsmuster in der Anilin-Einheit bei achiralen Cyclodiphospa(V)azanen reaktivitätssteigernd war, überrascht es, daß dafür keine Selektivitätssteigerung mit chiralen Cyclodiphospa(V)azan- Katalysatoren erkennbar ist. Zwei chirale Gruppen, wie im Fall der Bis(epi-9-Amino- Chinchonidin-Cyclophosph(V)azan-Katalystoren, übertreffen nicht die entsprechenden Anilin- Systeme in ihrer Selektivität. Als bisher selektivster Katalysator erweist sich das Phenylsubstituierte (S,S)-epi-9-Amino-Cinchonidin-Cyclodiphosph(V)azan in der Addition von 2-(Chloromethyl)-5-Hydroxy-4H-Pyran-4-on an β-Nitrostyrol mit 91% ee. Hier kann der selektivitätssteigende Effekt der O=P-Funktion (vs. S=P) mit günstigeren Aryl_CH…O=P Wechselwirkungen erklärt werden. Das Ausbleiben der selektivitätssteigenden Wirkung von meta-CF3-substituierten Arylgruppen ist noch Gegenstand aktueller Untersuchungen. d) Die Kombination molekular-dynamischer und statischer Übergangszustandsberechnungen erlaubt die Aufklärung der Ursprünge von Enantioselektivitäten in den hier untersuchten H-Brücken-katalysierten C-C-Kupplungen. Für eine hier vorgestellte Analyse der Übergangszustände des Phenyl-substituierten O=P-funktionalisierten (R,R)-DMDACH-Cyclodiphosph(V)azan-Katalysators in der Hydroxybenzochinon-Addition an β-Nitrostyrol zeigt sich, daß die H-(+)NMe2-DMDACH-Ammoniumgruppe seltener zur internen Bindung an die O=P-Funktion des Katalysators, deutlich häufiger dagegen zur Bindung des Enolat- Substrats dient. Dieser Katalysator offenbart in vielen Übergangszuständen, auch in den beiden stabilsten vom S- und R-Typ, das Auftreten kurzer P=O…H(Ph) Distanzen (< 2.5 Å) für ortho-H(Ph)-Atome. Meta-CF3-Gruppen scheinen also nicht unbedingt notwendig zu sein, um die co-planare P=O-Anilin-Einheit mit zwei kooperativen N-Hin-Funktionen zur Substratbindung in Übergangszuständen auszubilden. Dies könnte den überraschenden, experimentellen Befund zum Ausbleiben der Selektivitätssteigerung durch meta-CF3- Gruppen in Cyclodiphosph(V)azanen erklären.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Hydrogen-bonding cyclodiphosphazanes: superior effects of 3,5-(CF3)2-substitution in anionrecognition and counter-ion catalysis, New J. Chem., 2018, 42, 4854-4870
F. F. Wolf, J.-M. Neudörfl, B. Goldfuss
(Siehe online unter https://doi.org/10.1039/C7NJ04660J)