Modellbasierte Beschreibung von Verbindungsentstehung, -entwicklung und -versagen bei mehrstichigen Walzplattierprozessen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Rahmen des Forschungsprojekts sollte die Verbundbildung der Aluminiumlegierungen AA6016 und AA8079 beim Walzplattieren untersucht werden. Dieser bisher nicht industriell hergestellte Verbund ist für den Automobilbau von großem Interesse, sodass eine experimentelle Untersuchung, Modellierung und Simulation der Mechanismen der Verbundbildung von hoher Bedeutung ist. Im Rahmen des Forschungsprojekts sollten daher vier wesentliche Ziele erreicht werden: 1) Kalibrierung eines Parameterfeldes eines FE-Modells zur Analyse der Verbundfestigkeit; 2) Entwicklung und Durchführung mehrstufiger Versuchskonzepte zur Abbildung mehrerer Walzstiche; 3) Erweiterung des Prozess- und Verbundmodells hinsichtlich der Abbildung mehrstichiger Prozesse; 4) Validierung der Arbeiten durch Vergleich von Simulation und Laborwalzungen. Zur Erreichung dieser Ziele wurden in sechs Arbeitspaketen folgende Arbeiten durchgeführt. Im ersten Arbeitspaket (AP) wurde mit Hilfe einer Simulationsstudie die Übertragbarkeit zwischen Laborwalzwerken beider Projektpartner und dem Industriewalzwerk des Anwendungspartners geprüft. Im zweiten AP wurden Grundversuche zur Untersuchung der Verbundfestigkeit durchgeführt, um das Parameterfeld des FE-Modells zu kalibrieren. Versuchskonzepte zur Änderung der Umformbedingung (Variation von Geschwindigkeit und Temperatur beim Trennen), des Einflusses von Pausenzeiten und mehrfacher Umformung wurden in AP 3 entwickelt. Damit können die Einflüsse mehrstichiger Prozesse experimentell charakterisiert werden. Die (Weiter)Entwicklung von Verbundmodellen, die die zuvor charakterisierten Zusammenhänge abbilden, erfolgte in AP 4. Gleichzeitig wurde das FE-Modell in AP 5 numerisch stabilisiert und erweitert, sodass mehrstichige Prozesse simuliert werden können. Abschließend wurden in AP 6 Validierungsversuche auf dem Laborwalzwerk des IBF durchgeführt, damit die durchgeführten Arbeiten validiert werden konnten. Im Rahmen des ersten Arbeitspakets wurde gezeigt, dass eine direkte Übertragbarkeit der Ergebnisse zwischen Industrie- und Laborwalzwerk nicht gegeben ist, da eine einheitliche Skalierung der Prozessparameter, wegen der unterschiedlichen Geometrien der Anlagen, nicht möglich ist. Allerdings konnte im Rahmen von AP 6 die Durchführbarkeit einer indirekten Validierung gezeigt werden, Dazu wurde das Prozess- und Verbundmodell zunächst über das Laborwalzwerk erfolgreich validiert und anschließend genutzt, um Erkenntnisse über das Industriewalzwerk zu gewinnen. Durch die in AP 2 erfolgten Grundversuche konnte erstens das Verbundmodell für das FE-Modell erfolgreich kalibriert werden. Zweitens konnte der, bei großen Druckspannungen dominierende, Reibwert zwischen den Verbundmaterialien ermittelt werden, indem die Versuchs- und Auswertetechnik verbessert wurde. Drittens wurde das Verhalten der Verbundfestigkeit unter Druckspannungen erneut evaluiert und das Verbundmodell dahingehend präzisiert. Die erste wesentliche Erkenntnis aus AP 3 war der Zusammenhang zwischen Verbundfestigkeit und Fließspannung. Durch die Variation der Umformbedingungen wurde gezeigt, dass sich die Verbundfestigkeit als Bruchteil der Fließspannungen beschreiben lässt. Mit dieser Erkenntnis wurde ein Verbundmodell entwickelt, welches die Verbundfestigkeit für beliebige Umformbedingungen zuverlässig vorhersagt. Die zweite wichtige Erkenntnis war, dass die Verbundfestigkeit positiv durch Pausenzeiten und negativ durch mehrfache Umformung beeinflusst wird. Auch dies wurde durch eine Erweiterung des Verbundmodells implementiert, sodass alle relevanten Einflussfaktoren des mehrstichigen Walzens abgebildet werden konnten. In AP 4 und AP 5 wurde das FE-Modell erweitert, sodass drei wesentliche Funktionen hinzukamen. Erstens wurde die Subroutine UHARD hinzugenommen, um die, für das neue Verbundmodell benötigte, Fließspannung zu berechnen. Zweitens wurde die Durchführung einer thermisch-mechanisch gekoppelten Simulation ermöglicht. Dazu wurden die thermischen Interaktionen in Abhängigkeit von Kontaktspannung und Verbundzustand implementiert und so weit optimiert, dass stabile und schnelle Simulationen möglich sind. In einer dritten Erweiterung wurde die Simulation mehrerer aufeinanderfolgender Stiche inklusive der Pausenzeiten im FEM-Modell ermöglicht. Insgesamt konnten damit alle Projektziele erfolgreich erreicht, eine Vielzahl an Arbeiten zur Qualifikation des wissenschaftlichen Nachwuchses durchgeführt und Vorschläge für eine wirtschaftlichere Prozessführung gemacht werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Comprehensive procedure for the design of rolling schedules for roll bonding, International Aluminum Journal, Vol. 94, 12/2018, S. 60-62
Z. Liu, A. Krämer, K. F. Karhausen, H. Aretz, M. Teller, G. Hirt
- New coupled Thermal-Stress FE Model for Investigating the Influence of Non-Isothermal Conditions on Bond Strength and Bonding Status of the First Pass in Roll Bonding, ICTMP 2018, Key Engineering Materials Vol. 767, 2018, S. 301-308
Z. Liu, A. Krämer, K. F. Karhausen, H. Aretz, M. Teller, G. Hirt
(Siehe online unter https://doi.org/10.4028/www.scientific.net/KEM.767.301) - Characterizing Multi-Pass Conditions for Roll Bonding of Aluminum Alloys, Conference Proceedings of the 22nd International Esaform Conference on Material Forming, AIP Publishing, 2019
A. Krämer, Z. Liu, K. F. Karhausen, H. Aretz, M. Teller, G. Hirt
(Siehe online unter https://doi.org/10.1063/1.5112578)