Nichtlineare modellprädiktive Regelung mit Timed-Elastic-Bands
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Aktuelle Realisierungen modellprädiktiver Regler wenden häufig direkte Methoden an, um die zeitkontinuierlichen Optimalsteuerungsprobleme zunächst zu diskretisieren und so in ein gewöhnliches Parameteroptimierungsproblem zu überführen. Die optimale Lösung wird anschließend mit effizienten Optimierungsalgorithmen ermittelt. Zur Berücksichtigung von Modellunsicherheiten und Störungen wiederholt ein modellprädiktiver Regler diese Optimierung in jedem Abtastschritt auf Basis gemessener oder beobachteter Zustandsinformationen und übergibt jeweils nur den ersten Teil des optimalen Stellgrößenverlaufs an die Regelstrecke. In der Literatur finden sich sowohl zur effizienten Umsetzung als auch zur Stabilitätsbetrachtung überwiegend Arbeiten mit Fokus auf verbrauchs- und verlaufsoptimale Kostenfunktionen beziehungsweise ökonomische Kostenfunktionen mit festen Diskretisierungsgittern. Diese Ansätze und Erkenntnisse lassen sich nicht vollständig auf zeitoptimale Regelungsaufgaben übertragen. Vor diesem Hintergrund widmet sich das Forschungsvorhaben der Entwicklung und Analyse neuartiger zeitoptimaler modellprädiktiver Regelungskonzepte für nichtlineare Systeme mit Beschränkungen. Die Kernidee der entwickelten Konzepte ist die Einführung von zeitlich variablen Diskretisierungsgittern bei der Anwendung etablierter direkter Methoden, wie beispielsweise dem Mehrfachsschieß- oder Kollokationsverfahren. Die verschiedenen Konzepte unterscheiden sich in der Anzahl der Optimierungsparamter und der Struktur des Optimierungsproblems. Werden alle Gitterintervalle durch einen einzigen zeitlichen Optimierungsparamter repräsentiert, resultiert daraus das global-uniforme Gitter. Das lokal-uniforme Gitter und das quasi-uniforme Gitter definieren für jedes Gitterintervall einen einzelnen Optimierungsparameter, woraufhin das Optimierungsproblem zwar größer, aber dafür dünnbesetzter ist. Zusätzlich wird ein nicht-uniformes Gitter auf Basis eines modifizierten Mehrfachschießverfahrens entwickelt, das deutlich geringere Berechnungszeiten bei Bang-Bang-Regelungssystemen mit einfachen Beschränkungen aufweist. Die verschiedenen Gittervarianten sind alle in der Lage eine zeitoptimale Regelung zu realisieren. Die Minimierung der lokalen Zeitinformation des Gitters führt zu einem insgesamt zeitoptimalen Übergang im Zustandsraum. Ähnlich den bereits in der Literatur vorhandenen Ansätzen mit Zeittransformation können die Stabilität und rekursive Lösbarkeit mittels einer Zustandsrückführung nicht unmittelbar gewährleistet werden. In diesem Zusammenhang werden in diesem Projekt Gitteradaptionsstrategien für die variablen Diskretisierungsgitter entwickelt. Diese sind in der Lage die praktische Stabilität und unter eingeschränkten Bedingungen auch asymptotische Stabilität unter Beibehalten der rekursiven Lösbarkeit zu gewährleisten. Mit Hilfe der Stabilitätsergebnisse können gewünschte Toleranzen bei der Punkt-zu-Punkt-Regelung eingestellt werden. Eine Erhöhung der Gitterauflösung führt zu einer Vergrößerung der (praktischen) Stabilitätsregion. Weiterhin erlauben diese Erkenntnisse den systematischen Reglerentwurf eines zeitoptimalen modellprädiktiven Reglers in Kombination mit einer Dual- Mode-Realisierung. Bei dieser wird nahe dem Zielzustand auf ein stabilisierendes Reglergesetz umgeschaltet. Die Stabilitätsregion des zeitoptimalen Reglers stellt somit Anforderungen an den Entwurf des stabilisierenden Reglers, damit der gesamte Regelkreis asymptotisch stabil ist. Ein weiteres Ziel des Vorhabens ist die rechnerisch effiziente Realisierung der modellprädiktiven Regelung durch die Ausnutzung inhärenter dünnbesetzter Strukturen der Optimierungsprobleme. Der Fokus liegt auf der Berechnung von Gradienten, Jacobi- und Hessematrizen. Die etablierten Methoden der automatischen Differenzierung und der dünnbesetzten Finite-Differenzen Methoden benötigen einen nicht vernachlässigbaren Berechnungsaufwand zur vorherigen Strukturanalyse. In dem vorliegenden Forschungsprojekt werden die nichtlinearen Programme in Form eines sogenannten Hypergraphen formuliert. Der Hypergraph erfasst die Struktur der diskretisierten Optimalsteuerungsprobleme und ermöglicht einen nahezu linearen Zusammenhang zwischen Berechnungszeit und Gittergröße. Darüber hinaus benötigt der Hypergraph vernachlässigbare Berechnungszeiten für jede Rekonfiguration, die für die Gitteranpassung der zeitoptimalen Konzepte in diesem Projekt unerlässlich ist. Zudem gibt es weitere Anwendungen, bei denen sich die Dimensionen des Optimalsteuerungsproblems zur Laufzeit verändern, wie beispielsweise auftretende dynamische Hindernisse in der Robotik. Zahlreiche Beispiele in der Simulation und Untersuchungen mit einem realen Experimentalsystem legen die Fähigkeiten und Potenziale der vorgeschlagenen Konzepte dar. Umfangreiche Benchmarks in einem eigens entwickelten C++ Framework vergleichen die vorgeschlagenen Methoden miteinander und mit dem aktuellen Stand der Technik. Die entwickelten Konzepte auf Basis der variabler Diskretisierung weisen deutlich geringere Berechnungszeiten im Vergleich zu den aktuellen zeitoptimalen Ansätzen in der Literatur auf. Vor diesem Hintergrund leistet das Vorhaben einen signifikanten Beitrag zur Erweiterung des Forschungsstandes.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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„Sparse shooting at adaptive temporal resolution for time-optimal model predictive control“. In: IEEE Conference on Decision and Control (CDC). 2017, S. 5551–5556
C. Rösmann, A. Makarow, F. Hoffmann und T. Bertram
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„Time-Optimal Nonlinear Model Predictive Control with Minimal Control Interventions“. In: IEEE Conference on Control Technology and Applications (CCTA). 2017, S. 19–24
C. Rösmann, A. Makarow, F. Hoffmann und T. Bertram
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„Exploiting Sparse Structures in Nonlinear Model Predictive Control with Hypergraphs“. In: IEEE International Conference on Advanced Intelligent Mechatronics (AIM). 2018, S. 1332–1337
C. Rösmann, M. Krämer, A. Makarow, F. Hoffmann und T. Bertram
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„Gain-Scheduling zwischen zeitoptimaler und quadratischer modellprädiktiven Regelung“. In: International Federation for the Promotion of Mechanism and Machine Science D-A-CH (IFToMM D-A-CH). 2018
C. Rösmann, A. Makarow, F. Hoffmann und T. Bertram