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Kommentar zur Tabula Peutingeriana
Antragstellerinnen / Antragsteller
Privatdozentin Dr. Silke Diederich; Professor Dr. Michael Rathmann
Fachliche Zuordnung
Alte Geschichte
Ägyptische und Vorderasiatische Altertumswissenschaften
Griechische und Lateinische Philologie
Klassische, Provinzialrömische, Christliche und Islamische Archäologie
Ägyptische und Vorderasiatische Altertumswissenschaften
Griechische und Lateinische Philologie
Klassische, Provinzialrömische, Christliche und Islamische Archäologie
Förderung
Förderung von 2017 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 319254113
Die Tabula Peutingeriana (TP) ist ein einzigartiges Zeugnis derKartographiegeschichte. Die uns vorliegende Pergamentrolle ist dieum 1200 n. Chr. entstandenen Kopie eines spätantiken Originals. Dasie die einzige großformatige Karte ist, die wir aus der Antikebesitzen, ist offensichtlich, wie essentiell ihre Analyse für unserVerständnis der antiken Raumauffassung ist. Singulär ist bereits daskuriose Format: Mit einer Länge von knapp 6,80 m und einer Höhevon lediglich 33 cm bildet die TP die Oikumene von Spanien bisIndien in einer extremen Verzerrung ab. Wir fassen hier eine antikeTraditionslinie nichtmaßstäblicher Karten außerhalb der hochelitärenmathematischen Geographie, die Rückschlüsse auf dasgeographische Wissen eines breiteren Publikums innerhalb derantiken Elite erlaubt. Wegen ihrer Einzigartigkeit ist sie seit 250Jahren Gegenstand einer regen Forschungsdiskussion, weiterangeheizt durch den spatial turn, der transdisziplinärRaumwahrnehmung in ihrer kulturellen Abhängigkeit erforscht.Kontroversen bestehen vor allem zu den Aspekten: Zeitstellung undEntstehungsstufen, Bezüge zu anderen bezeugten Karten undschriftlichen Quellen, Design, Korrektheit und Benutzbarkeit, Funktionund Publikum, Kopierfehlern sowie mittelalterlichen Modifikationen.Diese Problemlage erfordert eine wissenschaftliche Kommentierungder rund 4000 Toponyme, die bislang nicht existiert und die dieGrundlage für alle weiteren Forschungen auf diesem Gebiet bildenwürde (z.B. für eine Neubearbeitung des Barrington Atlas / TIR). Dieveralteten, unvollständigen und fehlerbehafteten Arbeiten vonDesjardins und Miller können dies nicht leisten. Auch eineZusammenschau der archäologischen Einzelergebnisse rund um dieTP fehlt bislang. Diese Lücke soll der geplante Kommentar füllen, deru. a. von Anfang an in Form einer open access Internetpräsentationdargeboten wird, die fortlaufend aktualisiert wird. Der bei derKommentierung und Auswertung gewählte Ansatz ist in vielerleiHinsicht innovativ: Die gängigen Theorien zu Datierung, Quellen undZweck der TP werden in Frage gestellt. So wird einefrühhellenistische Ur- TP angenommen, woraus sich Konsequenzenfür die Geschichte der antiken Kartographie insgesamt ergäben. DieTP wäre nicht mehr Resultat einer griechisch-römischen Kartographiesondern als Frühprodukt dieser Entwicklungsgeschichte zu sehen.Ferner soll statt einer fixen Datierung die verschiedenenBearbeitungsstufen im Vordergrund stehen und die TP als work inprogress gedeutet werden, deren Zweckbestimmung mit den sichwandelnden historisch-kulturellen Hintergründen wechselte. Gestütztauf moderne Raumtheorien soll sie als Kulturzeugnis verstandenwerden, das dokumentiert, wie Menschen diese besondere Form derDarstellung eines geographischen, aber auch gesellschaftlichen,politischen und religiösen Raumes im Wandel der Zeit genutzt haben.Ihre Deutung als Wissensspeicher erlaubt Rückschlüsse auf Wegedes Generierens und Tradierens von Wissen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen