Detailseite
Projekt Druckansicht

Wo - Wohin - Woher: Räumliche Interrogativa und ihre lokal-deiktischen Entsprechungen in Europa und weit darüber hinaus

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung Förderung von 2016 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 319446122
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In allen Sprachen der Welt gibt es Ausdrücke, mit deren Hilfe man sich räumlich orientiert. Dazu gehören die Fragewörter oder funktionale Äquivalente davon, mit denen man sich über die Lage im Raum (wo?), die Bewegungsrichtung (wohin?) oder den Ausgangspunkt einer Handlung (woher?) erkundigen kann. Das Projekt stellte sich die Frage, ob die Sprachen der Welt die entsprechenden Ausdrücke und ihre Beziehungen untereinander auf gleiche Weise umsetzen. Dieselbe Frage wurde als Gegenprobe zu den Ausdrücken gestellt, die als einfache Antworten auf wo?, wohin?, woher? fungieren können, nämlich hier/dort, hierhin/dorthin, hierher/dorther. Mittels dieses Vergleichs sollte geklärt werden, ob Sprachen ihre Systeme im Bereich der Raumgrammatik homogen gestalten. Dieser Aufgabenstellung wurde in zwei Teilprojekten nachgegangen. Wo?, wohin?, woher? wurden anhand von 450 Sprachen weltweit untersucht, hier/dort, hierhin/dorthin, hierher/dorther auf der Grundlage von 250 Sprachen. Es wurde festgestellt, dass die Sprachen dazu tendieren, unterschiedlich komplexe Ausdrücke für die verschiedenen räumlichen Relationen verwenden, wobei die Befindlichkeit an einem Ort (wo?/hier/dort) vorzugsweise am einfachsten ausgedrückt wird, wohingegen der Ausgangspunkt einer Bewegung (woher?/hierher/dorther) fast ausnahmslos durch den komplexesten Ausdruck vertreten wird. Wohin?/hierhin/dorthin besetzt eine mittlere Position; die Ausdrücke sind meistens komplexer als wo?/hier/dort, aber einfacher als woher?/hierher/dorther. Hieraus kann man eine allgemeine Hierarchie ableiten, der zufolge ORT grundlegender ist als ZIEL und dieses einfacher als QUELLE. Parallel zur Überprüfung der unterschiedlichen Komplexität wurde erhoben, welche der räumlichen Relationen in den Einzelsprachen auch identisch ausgedrückt werden können. Beide Teilprojekte zeigen eindeutig, dass Sprachen tendenziell wo?/hier/dort, wohin?/hierhin/dorthin und woher?/hierher/dorther formell voneinander unterscheiden. Bestimmte andere Muster sind hingegen nur ausnahmsweise belegt (z.B. wo?/hier/dort = woher?/hierher/dorther und woher?/hierher/dorther = wohin?/ hierhin/ dorthin). Sprachen, die alle drei räumlichen Relationen gleich ausdrücken, kommen geballt in Afrika vor, fehlen jedoch fast völlig in Europa. Dieses weitgehend gleichförmige Verhalten von verwandtschaftlich, strukturell und geografisch sehr verschiedenen Sprachen ist auffällig. Als weitere „Überraschung“ kann angesehen werden, dass die große Mehrheit der untersuchten Sprachen gleiche Prinzipien für wo?, wohin?, woher? und hier/dort, hierhin/dorthin, hierher/dorther verwendet. Dies deutet darauf hin, dass Sprachen es vorziehen, eine relativ einheitliche Raumgrammatik anzuwenden. Es gibt jedoch auch nicht wenige Sprachen, die von dieser Einheitlichkeit abweichen. Daher bietet es sich an, weitere Studien zu betreiben, die feststellen sollen, welche sonstigen Faktoren Einheitlichkeit oder Variation begünstigen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2017. Spatial interrogatives in Europe and beyond: Where, Whither, Whence. Berlin & Boston: De Gruyter Mouton
    Stolz, Thomas, Nataliya Levkovych, Aina Urdze, Julia Nintemann & Maja Robbers
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1515/9783110539516)
  • 2017. Spatial interrogatives: Typology and dynamics (with special focus on the development from Latin to Romance). In: Silvia Luraghi, Tatiana Nikitina & Chiara Zanchi (eds.), Space in Diachrony, Amsterdam: Benjamins. 207–240
    Stolz, Thomas, Nataliya Levkovych & Aina Urdze
  • 2018. Deiktische Antworten auf räumliche Fragen. In: Angelika Wöllstein, Peter Gallmann, Mechthild Habermann & Manfred Krifka (Hrsg.), Grammatiktheorie und Empirie in der germanistischen Linguistik. Berlin, Boston: De Gruyter, 309–330
    Stolz, Thomas
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1515/9783110490992-011)
  • 2018. Verb-framed spatial deixis in Mesoamerican languages and the increasing complexity of SOURCE constructions via Spanish de. STUF – Language Typology and Universals 71(3), 397–423
    Robbers, Maja & Nicole Hober
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1515/stuf-2018-0016)
  • 2019. Towards a typology of spatial deictic expressions. STUF – Language Typology and Universals 72(3), 335–371
    Nintemann, Julia & Maja Robbers
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1515/stuf-2019-0014)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung