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Identifizierung und funktionelle Charakterisierung polarisationsempfindlicher absteigender Neurone im Gehirn der Wüstenheuschrecke

Fachliche Zuordnung Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung Förderung von 2006 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 32132163
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Wüstenheuschrecken können wie andere Insekten auch das Polarisationsmuster des blauen Himmels wahrnehmen und nutzen es wahrscheinlich als richtungsgebendes Signal bei jahresperiodischen Wanderungen im Schwarm. Nachdem wir den Zentralkomplex im Heuschreckengehirn als internes Navigationszentrum charakterisiert hatten, sollten im vorliegenden Projekt absteigende Neuronen identifiziert werden, die das Polarisationssignal den motorischen Netzwerken im Thorax zuführen. Es konnten drei polarisationsempfindliche absteigende Neurone identifiziert werden. Zwei Neurone zogen vom Gehirn in die Thorakalganglien. Interessanterweise änderte sich die von den Neuronen bevorzugte Orientierung der präsentierten Polfolie linear über den Tagesverlauf. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die Neurone neben Informationen über die Polfilterorientierung auch Eingänge von einer inneren circadianen Uhr erhalten. Hierüber könnte eine zeitkompensierte Himmelskompassorientierung ermöglicht werden, die die tagesperiodische Wanderung der Sonne für eine konstante Wanderrichtung berücksichtigt. Eine zeitkompensierte Himmelskompassorientierung ist im Tierreich weit verbreitet (Zugvögel, Insekten) der zugrundeliegende Mechanismus aber bisher völlig unklar. Ein dritter absteigender Neuronentyp verbindet das Unterschlundganglion mit dem Prothorakalganglion. Das Neuron zeigte keine Unterschiede im Antwortverhalten während des Tages und ist möglicherweise an polarisationsabhängigen Kopfbewegungen beteiligt. Besonders überraschend waren Ableitungen von weiteren absteigenden Neuronen, die bevorzugt auf eine Drehrichtung des Polarisators reagierten, auf die entgegengesetzte Drehrichtung dagegen nicht. Neurone mit dieser Antwortcharakteristik wurden auch im Gehirn gefunden, und waren hier assoziiert mit bewegungsempfindlichen Neuronen. Diese Antworten zeigen, dass Heuschrecken die Drehrichtung eines dorsal rotierenden Polarisators wahrnehmen, was unserem Auge auch durch Vorhalten einer Polfolie nicht möglich ist. Wir haben daher Verhaltensversuche wiederaufgenommen, die die Polarotaxis (Rotation der Tiere um die Hochachse) bei drehender Polfolie analysierte und haben auch in diesen Versuchen gefunden, dass die Heuschrecke die Drehrichtung des Polarisators wahrnimmt und eine drehrichtungsabhängige optomotorische Antwort zeigt. Wir nehmen daher an, dass es analog zum Bewegungssehsystem zwischen den kolumnären Kanälen der dorsalen Randregion des Auges Verbindungen gibt, die diese Leistung ermöglichen. Vermutlich wird das dorsale Polsehsystem von diesen Neuronen nicht zur Bestimmung von Himmelsrichtungen sondern zur Kontrolle der Flugbalance eingesetzt, z.B. bei Kursabweichungen unter strukturschwachem Untergrund (z.B. Wüste oder offenes Meer). Die Arbeiten wurden größtenteils von einer Doktorandin durchgeführt, deren Stelle im Rahmen des Projekts finanziert wurde und deren Dissertation demnächst eingereicht wird.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2009) Descending neurons sensitive to polarized light in the locust Schistocerca gregaria. 102nd Annual Meeting, Deutsche Zoologische Gesellschaft, Abstract O NB.6
    Träger U, Homberg U
  • (2009) Do descending neurons of the locust Schistocerca gregaria respond to polarized light? Proceedings, 32th Göttingen Neurobiology Conference, Abstract T14-1A
    Träger U, Homberg U
 
 

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