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Ein Interpersonelles Modell von Neid. Analyse interpersoneller Antezedenzien und Konsequenzen des Neides in sozialen Interaktionen

Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2016 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 322059135
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Nur wenige Studien haben die interpersonellen Dynamiken von Persönlichkeit und Emotionen in realen sozialen Interaktionen untersucht. Folglich wurde dem dynamischen Wechselspiel zwischen Persönlichkeit, interpersonellen Wahrnehmungen und Verhaltensweisen von Interaktionspartner:innen sowie den Auswirkungen dieses Zusammenspiels auf das emotionale Erleben und dessen soziale Konsequenzen bislang wenig Beachtung geschenkt. Im Rahmen des PESI-Projektes (Persönlichkeit und Emotionen in Sozialen Interaktionen) wurde ein theoretisches Modell aufgestellt und zur Prüfung der Wirkmechanismen eine empirische Studie durchgeführt. An der präregistrierten Studie nahmen 436 Teilnehmende (218 Dyaden) mit einem Durchschnittsalter von 31.2 Jahren teil (SD = 14.0, Range: 16-75). Ein besonderes Augenmerk lag auf multimethodaler Diagnostik: Variablen wurden aus Selbst- und Fremdsicht sowie mittels videobasierter Verhaltensbeobachtungsmethoden erfasst. Die Studie bestand aus drei Teilen: In Teil 1 füllten Teilnehmende einen onlinebasierten Selbstberichtsfragebogen zu Persönlichkeitseigenschaften aus. In Teil 2 interagierten sie im Labor in Dyaden bei Null- Bekanntschaft und beantworteten Fragebögen via Selbst- und Fremdbericht zu verschiedenen States. Zeitgleich wurde Bild und Ton der Teilnehmenden aufgezeichnet, das spätere Videound Audioanalysen ermöglichte. In Teil 3 füllten die Teilnehmenden einen Follow-up Online- Fragebogen via Selbstbericht aus. Alle Materialien zur Studie werden im Open Science Framework der wissenschaftlichen Gemeinschaft offen bereitgestellt. Die Ergebnisse deuten auf spezifische interpersonelle Dynamiken zwischen Interaktionspartner:innen hin. Ein Ziel des Projekts war es, den verhaltensmäßigen Ausdruck von Neidgefühlen und folglich die Beobachtbarkeit solcher Gefühle durch andere zu untersuchen. Im Einklang mit den vorab präregistrierten Hypothesen wiesen die Analysen sowohl mittels Verhaltensbeobachtung durch geschulte Kodierer:innen als auch mittels automatischer Gesichtserkennungssoftware darauf hin, dass neidische Personen spezifisches Blickverhalten zeigten. Interaktionspartner:innen fiel es allerdings schwer, Neidgefühle beim Gegenüber akkurat zu erkennen. Interaktionspartner:innen nutzten also das Blickverhalten nicht als validen Indikator für Neidgefühle der/des anderen. Im Gegensatz dazu waren Bekannte durchaus in der Lage, Personen, die generell zu Neid neigten (dispositioneller Neid), als solche zu identifizieren. Von weiterem Interesse waren interpersonelle Dynamiken in sozialen Interaktionen, die über Emotionen hinausgehen. So zeigten die Analysen, dass der frei gewählte Sitzabstand zwischen Interaktionspartner:innen mit Sympathiewahrnehmungen einherging und durch Persönlichkeitseigenschaften beider Partner:innen (gemessen via Selbstund Fremdbericht) vorhergesagt werden konnte. Insgesamt deuten die Ergebnisse auf komplexe interpersonelle Dynamiken in sozialen Interaktionen hin, die nur unter Berücksichtigung einer multimethodalen Herangehensweise umfassend beschrieben und verstanden werden können. Da der theoretische Rahmen und die PESI-Studie für andere Forschende offen zugänglich sind, birgt das vorliegende Projekt großes Potenzial für weitere Forschung.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2017). Envy: A factor for mental health problems? In C. Scheel (Chair), Selfreflexive emotions as transdiagnostic factors for mental health problems. Symposium at the 29th APS Annual Convention, Boston, USA
    Rentzsch, K.
  • (2018). Das PESI Projekt: Interpersonelle Antezedenzien und Konsequenzen von Neid in sozialen Interaktionen [PESI: Interpersonal antecedents and consequences of envy in social interactions]. 51. Congress of the German Psychological Society (DGPs), Frankfurt, Germany
    Lösch, T., & Rentzsch, K.
  • (2018). Ein interpersonelles Modell von Neid [An interpersonal model of envy]. 23. Coping-congress, Bamberg, Germany
    Rentzsch, K.
  • (2018). Towards an interpersonal model of envy. Symposium at the Consortium of European Research on Emotion 2018, Glasgow, UK
    Rentzsch, K., & Lösch, T.
  • (2018). Towards an interpersonal model of envy: Linking personality traits to the experience of envy. In Rentzsch, K. (Chair), Personality and social emotions. Symposium at the 19th European Conference on Personality (ECP), Zadar, Croatia
    Lösch, T., & Rentzsch, K.
  • (2019). Accuracy and bias in the social perception of envious states and traits. 15th Conference on Personality and Psychological Assessment (DPPD), Dresden, Germany
    Hagemeyer, B., Lange, J., Lösch, T., & Rentzsch, K.
  • (2020). Accuracy and bias in the social perception of envy. Emotion, 20(8), 1399-1410
    Lange, J., Hagemeyer, B., Lösch, T., & Rentzsch, K.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1037/emo0000652)
  • (2021). Automatic analysis of nonverbal agentic and communal behavior: An exploratory study. 16th Conference on Personality and Psychological Assessment (DPPD), Ulm, Germany
    Shepard, H. L., & Rentzsch, K.
  • (2021). Envy is more pronounced in domains on which we base our self-esteem: The interplay between envy, self-esteem, and contingencies of self-worth. Society for Personality and Social Psychology’s Annual Convention, USA
    Erz, E., & Rentzsch, K.
  • (2021). One, two, three, sit next to me: personality and physical distance. Society for Personality and Social Psychology’s Annual Convention, USA
    Hebel, V., Lösch, T., & Rentzsch, K.
 
 

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