Vermeidung von Fehlantastungen an MikroStrukturen durch Erkennung von Fremdpartikeln mittels spektraler Dekomposition
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Teilprojekt „Vermeidung von Fehlantastungen an Mikrostrukturen durch Erkennung von Fremdpartikeln mittels spektraler Dekomposition“ hatte zum Ziel, neuartige Verfah-ren und Algorithmen zur sicheren Trennung von Messobjekt- und Fremdpartikelstrukturen auf Basis multispektraler Bildverarbeitung zu erarbeiten. Erste Untersuchungen von Mikrostrukturen ergaben, dass eine Normierung der Lichtin-tensität der Teilspektren notwendig wurde. Um diese Farbkalibrierung vor zu nehmen, wurden zwei grundsätzliche Methoden, die Software- und die Hardwarekalibrierung, un-tersucht. Im Verlauf der Untersuchungen zur Softwarekalibrierung wurden verschiedene Verfahren und Algorithmen erarbeitet und am Messobjekt auf Anwendbarkeit hin unter-sucht. Die Normierung durch die Softwarekalibrierung zeigte nur bedingt gute Ergebnisse, da nichtlineare Effekte durch den Versuchsaufbau ebenfalls mit verrechnet wurden. Aus diesem Grund wurde eine Strategie zur Farbkalibrierung mittels Änderung der Hardwareparameter erarbeitet und untersucht. Ziel ist es, vorrangig die nichtlineare spektrale Empfindlichkeit des verwendeten CCD-Sensors durch Änderung der Verschlusszeiten so zu ändern, dass für alle genutzten Teilspektren eine quasi-identische spektrale Empfindlichkeit festgelegt wird. Das Ergebnis dieser Normierungsmethode war die Eliminierung aller nichtlinearen Effekte. Im Rahmen dieser Hardwarekalibrierung wurden sogenannte Weißstandards genutzt und untersucht. Hierbei zeigten sich Unterschiede in der Oberflächenstruktur dieser Normale, die wiederum direkten Einfluss auf die Normierung haben. Diese Effekte wurden ebenfalls untersucht. Um Verfahren und Algorithmen zur Fremdpartikeldetektion zu erarbeiten, wurde eine Analyse der Oberflächenstrukturen ausgewählter Mikrobauteile bzw. –strukturen durchgeführt. Im Verlauf des Projektes wurde eine Vielzahl von Mikrosystemen beschafft und untersucht. Im ersten Förderabschnitt wurden einfache Mikrosysteme mit maximal zwei Teilflächen mit unterschiedlichem spektralen Verhalten (Monostrukturen) untersucht. Im zweiten Förderabschnitt wurden diese Untersuchungen auf Mikrostrukturen mit mehr als zwei Teilflächen mit unterschiedlichem spektralen Verhalten (Multistrukturen) ausgeweitet. Diese Proben wurden organisiert und klassifiziert. Da Fremdpartikel auf Monostrukturen eindeutiger zu detektieren sind, wurden die Algorithmen und Verfahren folgend auch auf diese ausgerichtet. Die Untersuchungen zur Detektion von materialeigenen Fremdpartikeln war Gegenstand weiterer Untersuchungen. Hierzu wurde eine Kupferprobe mit vier Teilflächen mit verschiedenen Oberflächenrauheiten hergestellt. Auf diese Proben wurden Kupferpartikel aufgebracht. Die Teilflächen wurden multispektral untersucht. Aufgrund der qualitativ ähnlichen Reflexionsspektren von Substrat und Partikel konnte nachgewiesen werden, dass es sich um das gleiche Grundmaterial handelt. Da sich die Reflexionsspektren aber quantitativ stark unterschieden, war es möglich den Partikel vom Grundmaterial zu trennen. Zurück zu führen ist der quantitative Unterschied auf verschiedene Oberflächenstrukturen und damit verbunden unterschiedliches Reflexionsverhalten. Die stetige Verbesserung des Mess- und Versuchsaufbaus führte zu einer Verbesserung der optischen Abbildung. Um chromatische Aberrationen zu verringern, wurde ein Spie-gelobjektiv beschafft. Die auftretende Vignettierung konnte durch eine dem Versuchsauf-bau angepasste Köhlersche Beleuchtung sowie durch in den Strahlengang eingebrachte holographische Diffusoren minimiert werden. Eine Nachpositionierung der Proben aufgrund monochromatischer Aberrationen wurde durch die Erweiterung des Versuchsaufbaus mit einer motorisierten x-, y- und z-Verstellung erreicht. Ebenfalls untersucht wurden verschiedene multispektrale Beleuchtungskonzepte. Das beste Ergebnis erbrachten dabei die genutzten Metallinterferenzfilter. Durchstimmbare elektronische Filter und Beleuchtungen zeigten nur suboptimale Ergebnisse, da Polarisationseffekte und Intensitätsschwingungen auftraten. Das im Verlauf des Teilprojektes erarbeitete Verfahren bzw. der erarbeitete Algorithmus zeigte gute Er-gebnisse in den zuvor klassifizierten typischen Messszenen der geometrischen Messtechnik. Die Messszene wird in zwei Klassen eingeteilt. Anhand dieser Klassen wird der jeweilige Algorithmus ausgewählt und angewendet. In Klasse eins befindet sich der Fremdpartikel auf einem Strukturübergang. Die Teil-flächen als auch der Fremdpartikel weißen meist unterschiedliches spektrales Verhalten auf. Klasse zwei beinhaltet ebenfalls einen Strukturübergang mit einem Fremdpartikel. Dabei zeigen Teilflächen und Fremdpartikel unter-schiedliches spektrales Verhalten. Das spektrale Verhalten des Fremdpartikels weißt teilspektrenabhängig ähnliches spektrales Verhalten mit Teilfläche eins oder Teilfläche zwei auf. Mit den erarbeiteten Algorithmen ist eine Trennung von Fremdpartikel und Messobjekt bei Monostrukturen möglich, was Ziel des Forschungsvorhabens war. Zusammenfassend kann festgelegt werden, dass es nicht möglich ist einen einzigen voll-umfänglichen Algorithmus zu programmieren, der in jeder Messszene Fremdpartikel er-kennt. Wie die Untersuchungen gezeigt haben, spielen Textur des Substrats, der Strukturübergang, die Strukturart, die Geometrie der Struktur und viele weitere Kriterien eine wichtige Rolle bei der Auswertung durch Verunreinigung gestörter Messobjekte. Da es sich bei dem Förderprojekt um Grundlagenforschung bezüglich des spektrale Verhaltens von Mikrostrukturen handelte, sind weitere wissenschaftliche Forschungen bezüglich der Anwendbarkeit der spektralen Dekomposition in einer produktionsumfeldgerechten Umgebung notwendig. Das Verfahren der spektralen Dekomposition ist grundsätzlich dazu geeignet Fremdpartikel von Messobjekt zu trennen. Allerdings stoßen die Auswertealgorithmen bei komplexen Multistrukturen und bei bestimmten Konstellationen von Fremdpartikel und Strukturstörungen in den Substraten an ihre Grenzen. Aufgrund der extrem hohen Anzahl von Möglichkeiten bei der Zusammenstellung einer Probe aus Substrat, Mikrostruktur und Fremdpartikel konnten bei weitem nicht alle möglichen Zusammensetzungen untersucht werden. Künftige Arbeiten könnten sich mit Untersuchungen zum spektralen Reflektionsvermögen spezieller Mikrostrukturen befassen. Hier bieten sich zum Beispiel transparente Proben an oder auch auf Silizium basierte Messobjekte. Damit verbunden müssen die bestehenden Verfahren und Algorithmen weiterentwickelt und auf den jeweiligen Anwendungsfall spezialisiert oder neu erarbeitet werden. Auch der Versuchsaufbau bietet Potential für weitere Arbeiten. Moderne durchstimmbare Lichtquellen bieten die Möglichkeit, die Verfahren zur spektralen Dekomposition weiter zu verbessern und auch zu erweitern. Da der Trend in der Koordinatenmesstechnik in Richtung von Multisensorgeräten geht, kann in Verbindung mit hochwertigen Spiegelobjektiven, aberrationsfreien Abbildungsmöglichkeiten und mehrfach CCD’s ist der Einsatz in der optischen Koordinatenmesstechnik zu untersuchen. Eine mögliche produktionsumfeldgerechte Anwendung der spektralen Dekomposition ist die Waferendprüfung. Ein Großteil der Mikrostrukturen wird aus Silizium hergestellt. Trotz der Produktion dieser Strukturen in Reinräumen, kommt es zu Verunreinigungen und somit zu Fehlfunktionen. Die Mehrheit der kontaktierten Mikrostrukturhersteller stellt Mikrostrukturen aus Silizium her und prüft diese abschließend automatisiert anhand von Differenzbildvergleich. Wird eine Fehlerstelle entdeckt wird die Position und das dazugehörige Bild gespeichert. Danach werden diese Fehlerstellen von einer Person optisch überprüft, die dann entscheidet ob es sich z.B. um einen Fremdpartikel oder aber um einen Defekt in der Struktur handelt. Handelt es sich um eine Verschmutzung, die keinen Fehler verursacht, wird der Wafer trotzdem frei gegeben und entsteht kein Ausschuss. Diese Aufgabe könnte in Zukunft mit dem Verfahren der spektralen Dekomposition automatisiert abgearbeitet werden. Allgemein könnte mit dem Verfahren eine Angabe zur Oberflächengüte von Wafern ge-macht werden. Das Zentrum für Mikro- und Nanotechnologie in Ilmenau (ZMN) fragte beispielsweise, ob es möglich sei Partikel und Strukturstörungen auf Waferoberflächen zu zählen und damit eine Art Faktor für die Oberflächengüte zu erstellen. Das Verfahren der spektralen Dekomposition ist aber nicht auf den Mikrokosmos be-schränkt. Der Einsatz in der industriellen Produktion wo Produkte mittels geometrischer Messtechnik überwacht werden ist ebenfalls denkbar. Ein wichtiger Arbeitspunkt war der Versuchs- bzw. Messaufbau. Die genutzten Beleuchtungskonzepte zur Erzeugung schmalbandiger Teilspektren waren technologiebedingt räumlich groß ausgeführt. Ein zukünftiges Forschungsvorhaben könnte sich damit beschäftigen, kleine, multispektrale Beleuchtungskonzepte zu entwickeln.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- „Investigation on comparability of surface- and material dependent measurements in multisensor coordinate measuring machines“; Measurement 2009
Gerhard Linss, S.C.N. Töpfer, M. Rosenberger, M.Voge
- „New demosaicing algorithm especially for measurement of geometry by image processing“; XIX IMEKO World Congress 2009
G. Linss, M. Correns, M. Schuhmann, M. Schellhorn, M.Rosenberger, J. Bargenda, H.Weißensee