Detailseite
Befördert der Mindestlohn die Automatisierung und Auslagerung von Arbeit?
Antragstellerin
Professorin Christina Gathmann, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Statistik und Ökonometrie
Wirtschaftspolitik, Angewandte Volkswirtschaftslehre
Wirtschaftspolitik, Angewandte Volkswirtschaftslehre
Förderung
Förderung von 2016 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 322179715
Das geplante Forschungsprojekt untersucht, wie Unternehmen und Arbeitnehmer langfristig auf die Einführung des Mindestlohns reagieren. Der Ausgangspunkt für unser Projekt sind die jüngsten technologischen Entwicklungen, dank derer Unternehmen Arbeit durch relativ günstiges Kapital ersetzen oder Produktionsschritte an kostengünstigere Unternehmen auslagern können. Jedoch ist immer noch wenig darüber bekannt, wie sich die Einführung von Mindestlöhnen auf die Kapitalintensität und die Produktionsabläufe von Unternehmen sowie auf die Löhne und Beschäftigungssituation von Arbeitnehmern in den Unternehmen auswirkt. Für die empirische Analyse nutzen wir die Einführung von branchenspezifischen Mindestlöhnen in Deutschland seit den 90er Jahren. Unsere ökonometrische Strategie kombiniert einen Matching-Ansatz mit einem Differenz-von-Differenzen-Ansatz. Zuerst suchen wir für jedes betroffene Unternehmen (bzw. Arbeitnehmer) ein Kontroll-Unternehmen, das vor Einführung des Mindestlohns dem untersuchten Unternehmen hinsichtlich demographischer Struktur und Beschäftigungsstruktur sowie Kapitalintensität und Gewinnen entsprach, in dem aber kein Mindestlohn eingeführt wurde. Anschließend vergleichen wir die Ergebnisse der betroffenen bzw. nicht-betroffenen Unternehmen in den Jahren nach der Einführung des Mindestlohns, um zu Aussagen über dessen Auswirkungen auf Kapitalintensität, Produktionsabläufe sowie Lohn- und Beschäftigungsstrukturen zu gelangen. Unser geplantes Forschungsprojekt wird 5 Fragestellungen beantworten: (1) Werden Unternehmen in den betroffenen Branchen nach Einführung des Mindestlohns kapitalintensiver oder lagern sie Produktionsschritte aus? (2) Sind solche Veränderungen eher bei neugegründeten oder bei alteingesessenen Unternehmen zu beobachten? (3) Führt der Mindestlohn zur Substitution von Arbeitsplätzen mit Routinetätigkeiten durch Arbeitsplätze mit höherwertigen Tätigkeiten? (4) Wechseln Arbeitnehmer innerhalb der betroffenen Branchen eher von Routinetätigkeiten zu höherwertigen Tätigkeiten oder scheiden sie ganz aus den Mindestlohn-Branchen aus? (5) Welche Arbeitnehmer sind am meisten von diesen Veränderungen betroffen? Im Gegensatz zur bisher vorhandenen Mindestlohn-Literatur, die sich eher auf die kurzfristigen Arbeitsmarkteffekte konzentriert, wollen wir mit unserer Untersuchung Erkenntnisse gewinnen, wie sich die Unternehmen langfristig hinsichtlich Technologie und Produktionsabläufen anpassen. Unser Forschungsprojekt bringt sich somit in die gegenwärtige Debatte ein, ob ein beträchtlicher Anteil der derzeitigen Arbeitsplätze durch neue Technologien ersetzt werden kann. Darüber hinaus sollen die Projektergebnisse wichtige Impulse für die Politik liefern. Mindestlöhne werden oft eingeführt, um Ungleichheit zu verringern oder ein sogenanntes faires Einkommen zu gewähren. Doch ein großzügig bemessener Mindestlohn kann den Einsatz von arbeitssparender Technologie unterstützen, der zu mehr statt weniger Ungleichheit führen kann.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen