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Disability als gesellschaftliche Kategorie in Tschechien/der Tschechoslowakei

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 322181307
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt schloss an zwei verschiedene Forschungsbereiche an, mit dem Ziel, beide Felder durch neue Erkenntnisse zu bereichern: a) Forschung zum Funktionieren sozialistischer Gesellschaften im 20. Jahrhundert, insbesondere in Ost- und Ostmitteleuropa, sowie b) "disability history" bzw. "disability studies". Konzeptionell wurden zwei Ansätze miteinander verbunden: eine institutions- und organisationshistorische Perspektive einerseits, eine Wahrnehmungs- und Diskursgeschichte andererseits. Beide Ansätze waren jedoch keinesfalls scharf getrennt; vielmehr zeigte sich in der Konzeptionalisierung und in Debatten immer wieder die Notwendigkeit, beide Perspektiven zu vereinbaren. Als Ergebnisse können festgehalten werden: bisherige Vorstellungen von einem monolithischen "sozialistischen Blick" auf Menschen mit Behinderungen vereinfachen die Situation auf unzulässige Weise. Vielmehr wurden Menschen mit Behinderungen und der gesellschaftliche und staatliche Umgang mit ihnen sehr unterschiedlich interpretiert und in vielfältiger Weise in verschiedene Diskurse eingepasst; regionale, soziale, politische und nicht zuletzt chronologische Unterschiede müssen berücksichtigt werden. Aus dieser Erkenntnis ergaben sich auch sehr enge Überschneidungen und Synergie-Effekte mit weiteren Forschungsschwerpunkten von Mitgliedern der Arbeitsgruppe, insbesondere mit den Themen Ethnien (vor allem Roma) und Kindheit. Einen klaren Diskurs zum Thema "Behinderung" gab es nicht. Ähnliches gilt für die institutionelle/organisatorische Ebene und in Frage der Teilhabe. Die Eingliederung des Bundes der Invaliden in die sozialistische politische und soziale Struktur brachte einerseits die das stalinistische und poststalinistische System kennzeichnenden diktatorischen Strukturen. Von einer Tabuisierung oder einem vollständigen Fehlen der Partizipation von Menschen mit Behinderungen aber kann keine Rede sein. Die Verbindung einer top-down-Perspektive mit einem bottom-up-Ansatz eröffnet ein deutlich breiteres Panorama des Aufbaus und Aushandelns einer kommunistischen Diktatur, als dies bislang in Überblickswerken zur "disability history" zu finden ist.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Dětství a mládež v socialistickém Československu. [Kindheit und Jugend in der sozialistischen Tschechoslowakei] Themenheft Historie - otázky - problémy 10 (2018), Nr. 2
    Randák, Jan; Winkler, Martina (Hg.)
  • Themenheft Sociologický časopis / Czech Sociological Review 55 (2019), Nr. 5, Sociology and the Social Theory of Dis/ability
    Herza, Filip; Kolářová, Kateřina; Winkler, Martina (Hg.)
  • Disability and Childhood in Socialist Czechoslovakia, in: Kolářová, Kateřina; Winkler, Martina (Hg.): Re/imaginations of Disability in State Socialism. Visions, Promises, Frustrations, Frankfurt a. M. 2021, S. 259– 294
    Winkler, Martina
  • Discourses of Prevention, Risk and Responsibility in the Women’s Magazine Vlasta (1950s-1980s), in: Kolářová, Kateřina; Winkler, Martina (Hg.): Re/imaginations of Disability in State Socialism Visions, Promises, Frustrations, Frankfurt 2021, S. 149–166
    Faßig, Maria-Lena
  • Re/imaginations of Disability in State Socialism. Visions, Promises, Frustrations, Frankfurt a. M. 2021
    Kolářová, Kateřina; Winkler, Martina (Hg.)
 
 

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