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Textpluralität außerhalb der Masoretischen Tradition

Fachliche Zuordnung Evangelische Theologie
Religionswissenschaft und Judaistik
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 322993875
 
Das Projekt PLURITEXT zielt auf die methodische und hermeneutische Reflektion des Problems textueller Pluraität in der antiken jüdischen und samaritanischen Literatur (Hebräisch, Griechisch, Samaritanisch-Hebräisch). Die Handschriftenfunde vom Toten Meer (Mitte des 20. Jh.) und in der Kairoer Genisa (spätes 19. Jh.) haben neues Licht auf das Problem divergierender Textformen geworfen, nicht nur in bezug auf die Hebräische Bibel, sondern auch für die Literatur des antiken Judentums überhaupt. Sie haben zudem gezeigt, daß zwischen den Textzeugen sehr bedeutsame Differenzen bestehen. Während dieses Problem im 19. Jh. mit Hilfe der Vorstellung eines vorausgesetzten Urtextes beantwortet wurde, ist dieser Zugang heute nicht mehr zufriedenstellend, und die Frage -Was ist die Bibel?- muß neu gestellt werden, angesichts der neuen Evidenz. Es ist daher nach neuen Paradigmen zu suchen, mit deren Hilfe Textvielfalt erfaßt werden kann. Vor dem Hintergrund dieses Forschungsdesiderats zielt das Projekt PLURITEXT auf die Entwicklung und Analyse neuer wissenschaftlicher Paradigmen, die das Phänomen irreduzierbarer Textpluralität darstellen und konzeptionalisieren können. Dabei ist -Textpluralität- in einem weitem Sinne zu verstehen, denn die Realität divergierender Textüberlieferungen generiert umfangreiche theologische, rechtliche, politische, soziale und kulturelle Implikationen. Die durchzuführenden Analysen umfassen daher: (1) Divergierende Textzeugen derselben sprachlichen Tradition; (2) Übersetzungen und den durch sie geleisteten Kulturtransfer; (3) Semantische und konzeptuelle Transformationen aufgrund von sprachlichen, kulturellen und identitären Vermittlungsprozessen; (4) Prüfung von Textvarianten zwischen den verschiedenen handschriftlichen Textzeugen, sowie auch in der rabbinischen und patristischen Literatur; (5) Untersuchung von Schreiberpraktiken und Kodikologie, d.h. paratextuelle Elemente, Korrekturen, Randnoten als Zeugnisse hermeneutischer Prozesse im Verlauf der Textüberlieferung. - Ganz offensichtlich ist Textüberlieferung mit Transformation verknüpft, unter dem Einfluß von Schreibern, Übersetzern und Auslegern. In Ergänzung seiner fachwissenschaftlichen Ausrichtung zielt das Projekt PLURITEXT auch auf eine bedeutsame sozio-kulturelle Wirkung ab: (1) Es zeigt, das der Gründungstext von Judentum und Christentum von Anfang an polymorph war, woraus sich die Frage nach seiner angemessenen Edierung, z.B. in modernen Bibelausgaben, ableitet; (2) die Diagnose essentieller textueller Pluralität wirft neues Licht auf den Anspruch religiöser Gemeinschaften, diese Texte seinen in rechtlicher, kultureller, kultischer und identitärer Hinsicht normativ; (3) und es entzieht daher religiösem Fundamentalismus seine Grundlage, insofern er auf dem Konzept eines monolithischen Textes beruht.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Frankreich
 
 

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