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Die Gesetze Drakons und Solons. Eine neue Edition mit Übersetzung, Kommentar und historischer Einordnung

Fachliche Zuordnung Alte Geschichte
Förderung Förderung von 2016 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 323576933
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Gesetze Drakons und Solons sind die frühesten Prosatexte, die aus Athen erhalten sind. In Kombination mit den Fragmenten aus den solonischen Elegien lassen sich die politischen, sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen Probleme am Ende des 7. und am Anfang des 6. Jh. v. Chr. rekonstruieren. Um eine verlässliche Basis für eine historische Einordnung zu erlangen, ist es allerdings notwendig zu klären, welche der direkten oder indirekten Zitate aus (vermeintlichen) solonischen Gesetzen tatsächlich auf das frühe 6. Jh. zurückgehen. Nach einer ersten Zusammenstellung der solonischen Gesetzesfragmente durch Carolus Sondhaus (1909) hat der Frankfurter Rechts- und Althistoriker Eberhard Ruschenbusch die Testimonia und die Fragmente 1966 herausgegeben. Posthum erschien 2010 aus dem Nachlass von Eberhard Ruschenbusch ein neuer Abdruck der Fragmente mit deutscher Übersetzung und kurzen Kommentaren, allerdings ohne die Testimonia und die von Ruschenbusch als unecht angesehenen Fragmente. Auf dieser Grundlage erstellten Delfim F. Leão und P. J. Rhodes 2015 eine Ausgabe mit englischen Übersetzungen, die sich weitgehend an der Ausgabe von Eberhard Ruschenbusch orientiert, allerdings eine Reihe der als unecht angesehenen Fragmente Solon zuschreibt. Eine neue Edition, die die Testimonia und Fragmente in grundsätzlich neuer Anordnung, mit griechischem und lateinischem Originaltext, Übersetzung und historischer Einordnung vorlegt, soll eine solide Grundlage für die weitere Beschäftigung mit den solonischen Gesetzen und der Geschichte Athens im späten 7. und frühen 6. Jh. ermöglichen. Dabei hat sich gezeigt, dass ein wesentlicher Teil der frühen Gesetzgebung durch die schweren politischen Turbulenzen dieser Zeit verursacht ist: In den 630er Jahren hatte ein Athener Adeliger namens Kylon mit Altersgenossen versucht, die Akropolis zu besetzen und eine Tyrannis zu errichten. Die auf der Akropolis Belagerten, die sich schutzsuchend an den Altar begeben hatten, sollten vor ein Gericht gebracht werden, wurden aber auf dem Weg dorthin getötet, auf Geheiß der führenden Magistrate. Die Folge dieser Ereignisse waren ein frühes Gesetz gegen die Tyrannis, Drakons Gesetz über die Tötung und schließlich die Einrichtung des Areopag als Gerichtshof durch Solon. In der neuen Edition wird deutlich, welche Bedeutung die frühe Gesetzgebung Tötungsdelikten und der Tyrannis beimisst. Auch spiegelt sich in den Gesetzen die solonische Neuordnung der politischen Ämter wider; die Amtsinhaber wurden seit dieser Zeit vom Volk bestimmt, mussten dabei eine bestimmte Zensusvoraussetzung erfüllen und nach Abschluss des Amts Rechenschaft leisten. In der neuen Edition der Gesetze wird der stärker politische Charakter der gesetzlichen Regelungen deutlicher als bisher; damit entsprechen die solonischen Gesetze stärker den Charakteristika, die auch für die inschriftlich erhaltenen Gesetzestexte auf Kreta maßgeblich sind. Die sozialen Probleme dieser Zeit versuchte Solon durch ein Verbot des Zugriffs auf den Schuldner und gesetzliche Regelungen zu Zins und Pacht zu lösen. Damit endeten in Athen die Schuldsklaverei und die Schuldknechtschaft. Ein Exportverbot für landwirtschaftliche Produkte, wie vielfach angenommen, hat Solon nicht erlassen. Für die Angehörigen der bäuerlichen und unterbäuerlichen Schicht bedeuteten die solonischen Gesetze eine bessere rechtliche Absicherung, weil nicht nur die geschädigte Person selbst, sondern jeder athenische Bürger über eine sog. graphé Klage einreichen konnte. Fälle z.B. von Gewaltanwendung konnten auf diese Weise unmittelbar vor ein zentrales Gericht in Athen gebracht werden. Und auch wenn zunächst Privatklage durch den Geschädigten eingereicht worden war, konnte sich der Betreffende auf dem Weg der éphesis an ein zentrales Gericht in Athen wenden. Auf der Grundlage der neuen Edition mit historischer Einordnung der überlieferten Fragmente lässt sich die Geschichte Athens in ihren politischen, wirtschaftlichen, sozialen und familialen Dimensionen in der Zeit um 600 v. Chr. auf zuverlässigerer Grundlage rekonstruieren.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Das Gesetz Drakons über die Tötung in der neueren Forschung, in: Werner Riess (Hrsg.), Colloquia Attica. Neuere Forschungen zur Archaik, zum athenischen Recht und zur Magie, Stuttgart 2018, 37-59
    Winfried Schmitz
  • Lykurgs Gesetz über die Kinderzeugung und seine zweite und dritte Rhetra, in: Chiron 48, 2018, 107-141
    Winfried Schmitz
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1515/9783110613759-006)
  • Den Normenkonflikt aushalten. Euripides’ Andromache und das Bürgerrechtsgesetz des Perikles, in: Karl-Joachim Hölkeskamp, Julia Hoffmann-Salz, Katharina Kostopoulos, Simon Lentzsch (Hrsg.), Die Grenzen des Prinzips. Die Infragestellung von Werten durch Regelverstöße in antiken Gesellschaften, Stuttgart 2019, 63-79
    Winfried Schmitz
  • Phreatto – Ein Gerichtsverfahren zwischen Land und Meer für Athener mit ‚Vorstrafe‘, in: Klio 101, 2019, 57-76
    Tino Shahin
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1515/klio-2019-0002)
  • Die Welt in der Mitte. Naturwissenschaftliche und politische Konzepte am Übergang von aristokratischen zu demokratischen Ordnungen, in: Claudia Horst (Hrsg.), Der Alte Orient und die Entstehung der Athenischen Demokratie, Wiesbaden 2020, 173-194
    Winfried Schmitz
  • Gerechter Lohn – gerechte Strafe? Religiöse Normen, Normtransgressionen und deren Folgen in Xenophons Hellenika, in: L. Gilhaus, I. Herrad, M. Meurer, A. Pfeiffer (Hrsg.), Transgression und Devianz in der antiken Welt, Berlin 2020, 45-74
    Anja Pfeiffer
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-476-05508-8_4)
 
 

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