Posierende Poeten. Autorinszenierungen vom 18. bis zum 21. Jahrhundert
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Forschungsprojekt entwickelt ausgehend von neuerer Autorschaftstheorie auf der einen und aktueller Performanzforschung auf der anderen Seite einen theoretischen Ansatz, der es erlaubt, Selbstinszenierungen von Autoren als spezifische Form von Theatralität zu verstehen und diese für die literatur- und kulturwissenschaftliche Analyse zu nutzen. Ausgehend von einem erweiterten Textbegriff werden die Inszenierungen als spezifische theatralische bzw. performative Paratexte zum engeren literarischen, schriftlich fixierten Text bzw. ,Werk' desselben Autors verstanden. Diese als theatralische Paratexte verstandenen performativen Selbstinszenierungen werden im Besonderen in ihrem Zusammenspiel mit anderen elementaren Inszenierungsstrategien bzw. -ebenen von Autorschaft analysiert (Autobiographeme im ,Werk'; fotografische, filmische Paratexte etc.). Zeigt sich doch, dass eine spezifische funktionale Verflechtung von verschiedenen inner- und/oder außerliterarischen Selbsttnszenierungen abhängig sein kann vom jeweils zu kommunizierenden Inhalt, dem Zeitpunkt der Autoinszenierung bzw. ihrem gesellschaftlichen Anlass und dem adressierten Publikum. Dieser Ansatz der Fokussierung von Autorinszenierungen in der literaturwissenschaftlichen Analyse wird an historischen und zeitgenössischen Fallbeispielen erprobt (Johann Wilhelm Ludwig Gleim, August v. Platen, Jakob Wassermann, Hugo V. Hofmannsthal, Thomas Mann, Bertolt Brecht, Heiner Müller, Christian Kracht, Benjamin v. Stuckrad-Barre, Joachim Bessing, Alexander v. Schönburg, Eckhart Nickel sowie Rainald Goetz), wobei sich der Beginn des Untersuchungszeitraums am Entstehen des literarischen Marktes, einer literarischen Öffentlichkeit und des neuen, sich selbst organisierenden Literatursystems orientiert. Der Ansatz erweist sich dabei in allen Fällen als fruchtbar, da er es gestattet, die literarischen Texte im engeren Sinn semantisch zu spezifizieren und wesentliche Mechanismen der Konstruktion von Autorschaft im literarischen Feld zu erhellen. Durch systematische Abstraktion von den aus den Fallstudien gewonnenen Untersuchungsergebnissen wird abschließend auf induktive Weise ein konkretes Koordinatensystem entwickelt, dass als Orientierung für zukünftige kulturwissenschaftliche Analysen von Selbstinszenierungen dienen kann. Dabei muss der Analysefokus nicht ausschließlich auf Schriftsteller beschränkt bleiben. Vielmehr kann das angebotene Koordinatensystem auch als Ausgangsbasis für die Untersuchung von Inszenierungen anderer Persönlichkeiten des kulturellen öffentlichen Lebens (Künstler aller Art, Politiker) dienen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Helmut Kraussers Selbstinszenierungen. Strategisches Sammeln und Schreiben in den Tagebüchern. In: Claude D. Center / Oliver Jahraus (Hg.): Sex, Tod, Genie. Beiträge zum Werk von Helmut Krausser, Göttingen: Wallstein 2009, S. 109-126
Niefanger, Dirk
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Von Bitterfeld nach Berlin. Monika Marens strategisches Schreiben. In: Markus Joch / York-Gothart Mix / Norbert Christian Wolf (Hg,): Mediale Erregungen? Autonomie und Aufmerksamkeit im Literaturund Kulturbetrieb der Gegenwart, Tübingen: Niemeyer 2009, S. 109-122
Niefanger, Dirk
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Innere Form. Wiener Moderne im Dialog mit Frankreich. Heidelberg: Winter: 2010
Arend, Stefanie
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Biographeme im deutschsprachigen Gegenwartsroman (Herta Müller, Monika Maron, Uwe Timm). In: Peter Braun / Bernd Stiegler (Hg.): Lebensgeschichten. Biographisches Erzählen von der Moderne bis zur Gegenwart. Bielefeld: transcript 2011
Niefanger, Dirk
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Rolf Dieter Brinkmanns Poetik der Selbstinszenierung. In: Markus Fauser (Hg.): Medialität der Kunst. Rolf Dieter Brinkmann in der Moderne. Bielefeld: transcript 2011, S. 65-82
Niefanger, Dirk