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Der Anachronismus in Ovids Metamorphosen als ästhetisches Verfahren

Fachliche Zuordnung Griechische und Lateinische Philologie
Förderung Förderung von 2016 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 329307823
 
"Verständnis für die moderne Kunst findet man nur in der City" - zu diesem Fazit über eine römische Kunstdebatte gelangt ein Zeitgenosse Cäsars in Brechts "Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar". Sowohl das Konzept von moderner Kunst wie auch die Bezeichnung 'City' wirken verstörend: Sie offenbaren eine Diskrepanz zweier Zeitsysteme, einen Anachronismus. Erscheinungen wie diese sind bis in die Anfänge der abendländischen Kultur epochenübergreifend nachweisbar: Homers bronzezeitliche Helden kämpfen mit Eisenwaffen; antike Helden in mittelalterlichen Romanen sind ganz und gar höfische Ritter; und Schillers Buttler kann zur Zeit Wallensteins von Blitzableitern reden (Picc. I,2). Im Zuge dieses Projektes soll an den "Metamorphosen" Ovids herausgearbeitet werden, dass der Anachronismus eine sehr produktive literarische Technik ist. Dieses Werk bietet sich dafür nicht nur deswegen an, als darin die Welt des griechischen Mythos dem römischen Publikum dargebracht wird. Die Dichtung steht überdies an einer zeit- und kulturgeschichtlichen Nahtstelle zwischen den Bürgerkriegen am Ende der römischen Republik und dem Beginn von Augustus' Prinzipatsherrschaft. Dieser proklamierte nach seinem Sieg das Anbrechen einer neuen, goldenen Zeit und forcierte ein Geschichtsbild, das frühere Ereignisse als Stationen auf dem Weg zum gegenwärtig vollendeten Zustand deutet. Ist dieses Bild in den Dichtungen des Horaz und Vergil konstitutiv, so kann der um eine Generation später geborene Ovid dies als gegeben ansehen und in seinen Werken hinterfragen und weiterführen. Folgende Projektziele lassen sich daraus ableiten und nennen: (1) die systematische Ermittlung und Untersuchung der zahlreichen Anachronismen anhand eines (2) theoretisch präzisierten Anachronismus-Begriffes; (3) die Deutung der Befunde als integrale Elemente des Erzählzusammenhangs sowie als strukturelle Bestandteile der Gesamtkonzeption des Werkes. Methodisch grundlegend ist die Erhellung der oft unklar verwendeten Terminologie mithilfe der in der Erzähltheorie entwickelten Analysekategorien. Diese müssen durch Theorien von Fiktionalität und Zeitlichkeit ergänzt werden. So soll über die differenzierte Erarbeitung des Phänomens dessen eindeutige Identifizierung in den konkreten Erzählsituationen erfolgen. Auf diese Weise können die bereits vereinzelt beobachteten Zeitverstöße systematisiert, ergänzt und geordnet werden. Die Interpretation des Gesamtbefunds als ein ästhetisches Verfahren erfolgt abschließend, versteht sich aber als Ausgangspunkt für weitere Fragestellungen. Die Vielfältigkeit des Gegenstands legt es nahe, Kooperationen jenseits der Fächer- und Institutsgrenzen anzustreben. Wichtige Impulse können von der für Dresden gewonnenen Kleinen Mommsentagung am 14.-15. Okt. 2016 zum Thema "Anachronismus" ausgehen, bei der Redebeiträge aus allen Bereichen der Altertumswissenschaft geplant sind. Ebenso ist eine auf gegenseitigem Interesse bestehende Zusammenarbeit mit der hiesigen Kunstsammlung angedacht.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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