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Stochastischer Ansatz zur heterogenen Kristallkeimbildung in Silicatgläsern

Fachliche Zuordnung Thermodynamik und Kinetik sowie Eigenschaften der Phasen und Gefüge von Werkstoffen
Förderung Förderung von 2017 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 329439308
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das kristallfreie Abkühlen heißer Silikatschmelzen (> 1000 °C) auf Raumtemperatur ist eine notwendige Voraussetzung für die Glasbildung und das Heißformen von Glasartikeln in der industriellen Praxis. Die ungewollte Entglasung während des Abkühlens wird durch Keimbildung von Kristallen an externen Stellen ausgelöst (sogenannte heterogene Keimbildung). Externe Stellen sind an der Dreiphasengrenze zwischen der Gasatmosphäre (Luft ist bei den meisten industriellen Prozessen anwesend) und Oberflächen der Materialien anzutreffen, die für die Formgebung und den Umgang der heißen Schmelze verwendet werden. Die Keimbildung von Kristallen ist ein zufälliger (statistischer) Prozess. Verlässliche Aussagen über die Keimbildungsrate von Kristallen hinsichtlich Wahrscheinlichkeiten, können nur auf Basis von Experimenten mit einer hohen Anzahl an Versuchen getroffen werden. Vor diesem Hintergrund versucht das Projekt eine neuartige Methode zu etablieren, die eine solche Vorhersage aus dem wiederholten Aufheizen und Abkühlen (ca. 300 Zyklen) eines kleinen Flüssigkeitsvolumens einer glasbildenden Schmelze ableiten kann. Da die Kristallisation Wärme erzeugt, wird ein spezielles Gerät (Dynamischer Wärmestromdifferenzkalorimeter DSC) eingesetzt, dass den zeitlichen Start des Kristallwachstums in jedem Abkühllauf aufspürt. Die Ereigniszeitanalyse dieses Forschungsansatzes brachte uns zu übereinstimmenden statistischen Versuchen aus den Bereichen Medizin und Gesundheitswesen. Der Schlüssel war zu erkennen, dass die Keimbildungsrate eine bedingte Wahrscheinlichkeit des Überlebens der Schmelze bis zum Zeitpunkt der Keimbildung oder später darstellt, die als Ausfallrate bekannt ist. Daher ist die Entwicklung der Ausfallraten-Gleichung für das Abkühlen der Schmelze das erste wichtige Ergebnis des Projektes. Damit konnten wir die temperaturabhängige Keimbildungsrate für verschiedene Einstellungen des Abkühlvorgangs zur Verfügung stehen. Unter diesen waren Abkühlpfade in Gasatmosphären mit unterschiedlichen Sauerstoffgehalt und dem Einsatz von Behältern aus unterschiedlichen Materialen. Wir konnten aufzeigen, dass das Abkühlen in Edelmetallbehältern gegenüber Kohlenstoff-basierten Materialien zur einer Keimbildung von Kristallen bei höheren Temperaturen führt. Die Bevorzugung der Keimbildung bei höherer Temperatur führte auch zum Auftreten einer unerwarteten zweiten Art von Kristallen, die höchstwahrscheinlich an anderen Stellen gebildet wird. Für geringe Sauerstoffgehalte der Gasatmosphäre wurde die zweite Art der Kristallkeimbildung stärker, was vermuten lässt, dass Edelmetalle mit Sauerstoff bei Temperaturen > 900 °C reagieren können und den Vorzug der Bildung von aktiven Stellen der ersten (erwarteten) Kristallart ermöglichen. Diese Erkenntnis ist in Bezug zur industriellen Praxis wichtig, da Düsen (Düsenplatten) und Schlitze aus Edelmetall, die beim Tiefziehen von Fasern und Dünnglas im ständigen Kontakt mit der Schmelze stehen, die Gefahr einer Kristallisation tragen und diese möglicherweise durch Wechsel der Gasatmosphäre und der Legierungsart der Edelmetalle minimiert werden könnte.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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