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Averroes als Arzt: intellektuelle und soziale Kontexte der Medizin in al-Andalus

Antragsteller Professor Dr. David Wirmer, seit 10/2024
Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Geschichte der Philosophie
Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung seit 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 332785332
 
Bei der Frage nach der Bedeutung der Medizin im höfischen Kontext des 12. Jahrhunderts in Andalusien bieten sich die Person und das Werk des Averroes (1126 - 1198) zu einer Untersuchung an, da dieser Autor alles in allem breit überliefert und auch sonst gut zu situieren ist. Dabei werden sich Erkenntnisse zur Medizin im almohadischen Kontext wie auch zu Funktionsweise und Interessen des almohadischen Hofwesens ergeben, denn medizinische Tätigkeit hatte offenbar einen öffentlichen Einfluss, über den man bislang jedoch kaum Genaues weiß. Die gelehrte Tätigkeit des Averroes ist nur vor dem Hintergrund des Bestrebens der Almohadenherrscher zu verstehen, sich von den akademischen Diskursen des islamischen Ostens abzusetzen und etwas Neues zu schaffen. Für die Medizin bedeutet dies eine Abgrenzung von den Inhalten von al-Qānūn fī l-ṭibb, der berühmten medizinischen Enzyklopädie des Avicenna. In Andalusien sollte etwas Eigenes als eine Art "Antwort" auf das Schrifttum des islamischen Ostens geschaffen werden. Die in der ersten Förderperiode gewonnenen Erkenntnisse fortführend stellt sich deshalb für die weitere Arbeit dieses Projekts die Frage nach den Hintergründen und dem Programm beim Entwurf einer "andalusischen Medizin" durch Averroes und sein intellektuelles Umfeld. In besonderer Weise bieten sich hierbei der Kommentar des Averroes zum medizinischen Lehrgedicht des Avicenna (Urjūza) sowie Averroes' Theriak-Traktat an, denn in beiden Texten setzt sich Averroes intensiv mit Positionen der medizinischen Literatur auseinander, wie sie im östlichen islamischen Raum entstanden sind. Schließlich gilt es, diese intellektuellen Diskurse im almohadischen Hofmilieu zu situieren - eine besondere Rolle wird dabei der in Andalusien populären literarisch-didaktischen Form des medizinischen Lehrgedichts zukommen sowie der Frage nach Bedeutung von gelehrten Versammlungen. Das Potential solcher Untersuchungen liegt in den Möglichkeiten begründet, nicht nur die Kenntnisse über Averroes durch die Bearbeitung seines medizinischen Werks zu erweitern, sondern auch diese Befunde in einen weiteren Rahmen zu stellen. Es wird auch zu klären sein, inwieweit die Almohadenherrscher diese gelehrten Diskurse nicht nur förderten, sondern sie im Hinblick auf ihr politisches Programm instrumentalisierten.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Ehemalige Antragstellerin Dr. Raphaela Veit, bis 7/2024
 
 

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