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"Freier" Dienstvertrag in Deutschland

Fachliche Zuordnung Grundlagen des Rechts und der Rechtswissenschaft
Förderung Förderung von 2006 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 33484262
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

„Die Unterscheidung zwischen Freiheit und Sklaverei gehört zu den grundlegenden Dichotomien der Rechtsgeschichte, wenn es um menschliche Arbeitskraft geht. Die vorliegende Studie widmet sich der Ebene dazwischen, indem sie die Frage nach Freiheit und Zwang in Dienstverhältnissen vertraglich gebundener Arbeitskräfte stellt. Untersucht wird vor allem die in vielfältige statusgebundene Normenbereiche zersplitterte Welt der Handwerker, Dienstboten, Tagelöhner und Fabrikarbeiter. Entscheidendes Kriterium für deren Autonomiepotentiale sind Chancen auf repressionsfreien Marktzugang und die Gleichstellung als Vertragspartner. Beides wurde durch obrigkeitliche Normen unterdrückt. Umfassende Zugriffsmöglichkeiten von Dienstherrn auf die Arbeitskraft ihrer Untergebenen zählten zu den Gemeinwohlvorstellungen der Frühen Neuzeit. Bei Nichterfüllung drohten polizeiliche Sanktionen und Strafen. Solche Vorschriften standen in Wechselwirkung mit einem Normenkorsett, das soziale und physische Mobilität körperlich arbeitender Menschen zu unterbinden versuchte. Dieses wird hier im Dialog mit sozialgeschichtlichen Forschungsergebnissen analysiert. Zutage tritt dabei ein „Recht der Arbeit“, das im Hinblick auf die Freiheit des oder der Dienstverpflichteten deutlich unterscheidbar ist vom heutigen, nach sozialen Prinzipien gestalteten Arbeitsrecht. Auffällig war seine große Stabilität. Über Jahrhunderte wurden immer dieselben normativen Instrumente zur Sicherung vertraglicher Arbeitsleistungen anwendet, gleich ob es sich um katholische oder protestantische Territorien mit unterschiedlicher Wirtschaftsstruktur handelte. Ein zentrales Element zur Allokation der Ressource Arbeitskraft in der Frühen Neuzeit und im 19. Jahrhundert war „Kündigungsschutz für Arbeitgeber, d.h. die Verhinderung unzeitiger Kündigungen. Oft korrespondierten solche Normen mit armenpolitischen Gebotsgesetzen, wie Müßiggangverboten. Auch von den Akzentverschiebungen der „Sattelzeit“ blieb dieses System weitgehend unversehrt. Seine Erosion begann erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als Kritik an der Vermischung öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Elemente in den verschiedenen Dienstvertragsrechten aufkam. Anhand von Archivdokumenten aus dem Bestand des Preußischen Ministeriums für Handel und Gewerbe wurden die Konflikte zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Rahmen praktischer Fälle analysiert. Offensichtlich wurden hier auch Widerstandspotentiale arbeitender Menschen, die ihre Rechte vor Gerichten und Behörden aktiv einforderten. Zutage trat auf dieser Grundlage eine Geschichte der Befreiung der Dienstverträge aus paternalistisch-polizeilichen Bindungen, die mit dem (vielleicht zu-) späten Triumph einer gleichheitsorientierten Privatrechtsidee im 20. Jahrhundert endet"

 
 

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