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Rinnukalns, ein neolithischer Süsswassermuschelhaufen im Norden Lettlands und seine Bedeutung für die steinzeitliche Kulturentwicklung im östlichen Baltikum
Antragsteller
Dr. Harald Luebke; Dr. John Meadows; Privatdozent Dr. Ulrich Schmölcke
Fachliche Zuordnung
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung
Förderung von 2017 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 335674082
Rinnukalns liegt am Ausfluss der Salaca aus dem Burtnieksee in Nordlettland und ist der einzige bekannte steinzeitliche Muschelhaufen im östlichen Ostseeraum. In den 1870er Jahren entdeckt und in der Folgezeit mehrmals in Teilbereichen ausgegraben, wurde er später durch den nahe gelegenen Fundplatz Zvejnieki mit seinen steinzeitlichen Siedlungsschichten und Gräbern in den Schatten gestellt. Rinnukalns galt als weitgehend zerstört bis 2011 die Erhaltung intakter feinstratifizierter Fundschichten nachgewiesen werden konnte und neue umweltarchäologische Untersuchungen begannen. Außerdem wurden Funde der alten Ausgrabungen in Berlin und in Tartu lokalisiert, beprobt und neu ausgewertet.Aufbauend auf den Voruntersuchungen 2011 umfasst dieser Antrag eine detaillierte Ausgrabung und wissenschaftliche Analyse der erhaltenen Teile des Muschelhaufens, um die durch die früheren Untersuchungen des Fundplatzes entstandenen Forschungsfragen beantworten zu können. Folgende Schritte sind vorgesehen:- Rekonstruktion der Fundplatzgenese mit geophysikalischer Prospektion, Bohrkartierung, paläobotanischen Umweltanalysen und feinstratigraphischen Ausgrabungen.- Nutzung der außergewöhnlichen Erhaltungsbedingungen, um die ökonomische Nutzung aquatischer Ressourcen (z.B. Artenspektrum, Fangmethoden, Fangverarbeitung), durch archäozoologische und isotopische Analysen zu verstehen.- Nutzung der Isotopensignaturen als Indikatoren für menschliche Ernährung und Mobilität. Quantifizierung der Süßwasserreservoireffekte und stabiler Isotopen innerhalb und zwischen den in verschiedenen Habitaten und ökologischen Nischen lebenden aquatischen Arten. Nutzung der Archäobotanik und Isotopenforschung, um die Bedeutung der Wildpflanzen für die menschliche Ernährung zu verstehen. - Nutzung der Menschenreste von Rinnukalns als Ressource zur Analyse soziokultureller Strukturen neolithischer Gesellschaften. Analyse des Erhaltungszustandes und post-mortaler taphonomischer Prozesse. Prüfung möglicher pathologischer und traumatischer Läsionen, Prüfung möglicher Unterschiede in Ernährung und Mobilität.- Analyse der saisonalen Nutzung des Fundplatzes und der Integration der Nahrungsbeschaffung und Nahrungsmittelproduktion in den nahrungsökonomischen Jahreszyklus. Vergleich mit anderen Gesellschaften, die prinzipiell Zugriff auf eine produzierte Nahrungsmittelwirtschaft gehabt hätten, aber ebenfalls eine auf aquatischen Ressourcen basierende Lebensweise beibehalten haben.- Untersuchungen zur praktischen Anwendung und zur sozioökonomischen Bedeutung der Keramik durch Analyse absorbierter Lipide. Die Feinstratigraphie des Fundplatzes ermöglicht, den Zusammenhang von Keramiknutzung und saisonaler Verarbeitung bestimmter Nahrungsressourcen zu verstehen.Die Forschungsresultate und Grabungsdokumentationen sollen in führenden internationalen Fachzeitschriften sowie in einer abschließenden umfassenden Fundplatzmonographie vorgelegt werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Lettland
Mitverantwortliche
Dr. Valdis Berzins; Dr. Ilga Zagorska