Die Interferenz von experimentellem Schmerz und Hirnleistungsfunktionen bei Patienten mit chronischen Schmerzen
Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In diesem Projekt wurden die Effekte von experimentellen Schmerzreizen auf Hirnleistungsfunktionen, insbesondere das episodische Gedächtnis, untersucht. Ziel war es zu prüfen, ob Patienten1 mit chronischen Schmerzen, welche im Alltag häufig von kognitiven Einschränkungen – insbesondere des Gedächtnisses – berichten, stärkere schmerzbedingte Leistungsminderungen in einer Gedächtnisaufgabe aufweisen. Weiterhin sollten mittels Hirnbildgebung (Magnetresonanztomographie) mögliche neuronale Biomarker identifiziert werden, die mit einer gesteigerten oder verringerten Anfälligkeit gegenüber den meist negativen Effekten von Schmerz auf kognitive Funktionen einhergehen. Es wurden drei Gruppen untersucht: n = 60 Patienten mit chronischen Rückenschmerzen, n = 60 Patienten mit chronischer Migräne und n = 60 gesunde Studienteilnehmer. Zusammenfassend zeigte sich, dass alle drei Gruppen vergleichbare Effekte von experimentellen Schmerzen auf das Abspeichern („Enkodieren“) neutraler Bilder zeigten. In allen Gruppen führten die Elektroreize zu einer geringeren Wiedererkennensleistung für Bilder, unabhängig vom Ort der Schmerzstimulation (unterer Rücken und Stirn) und von der individuellen Ausprägung der erhobenen schmerzbezogenen Kognitionen und klinischen Parameter (z.B. Schmerzstärke). Obwohl die Patienten höhere Werte in z.B. schmerzbezogener Angst, Katastrophisieren und Depressivität aufwiesen, waren die schmerzbedingten Leistungsminderungen und neuropsychologischen Funktionen mit denen der gesunden Probanden vergleichbar. Neuropsychologische Testungen zeigten, dass sich die nur geringen kognitiven Beeinträchtigungen in den Patientengruppen durch das Alter und schmerzassoziierte Komorbiditäten (z.B. Schlafstörungen) erklären ließen. Lediglich auf die Exekutivfunktionen konnten auch nach Kontrolle möglicher relevanter Variablen („Kovariaten“) in beiden Patientengruppen geringfügige Leistungsminderungen nachgewiesen werden. Insgesamt deuten diese Ergebnisse auf überwiegend intakte neurokognitive Fähigkeiten hin, welche weder durch die Schmerzerkrankung an sich, noch stärker durch experimentelle Schmerzreize beeinflusst werden.
