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BiliSAT: Bilinguale Sprachentwicklung von Kindern und Jugendlichen im Schulalter mit und ohne Sprachentwicklungsstörungen mit Arabisch und Türkisch als Erstsprachen

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung Förderung von 2017 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 344870071
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das BiliSAT-Projekt konnte zeigen, dass die deutschen Versionen der LITMUS-Wiederholungstest (SRT/NWRT) Verfahren sind, die -besonders in Kombination miteinander und als Teil einer Testreihe - Sprachentwicklungsstörungen (SLI) bei Bilingualen identifizieren können, die in Deutschland geboren oder vor dem Alter von 3 Jahren zugewandert sind (heritage speakers). Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, dass Ergebnisse in diesen Tests unabhängig von der Erstsprache waren und, in der genannten Testkombination, auch von der Sprachdominanz. Es zeigte sich weiterhin, dass bilinguale Kinder mit SLI besondere Schwierigkeiten mit Einbettungen und Relativsätzen im SRT und mit Konsonantenclustern im NWRT haben. Für die narrativen Fähigkeiten sind noch nicht genug Daten analysiert, um ähnliche Aussagen machen zu können. Relativsatztests scheinen durchaus als Verfahren bei älteren Schüler:innen geeignet zu sein, sind aber ebenfalls noch in der Erprobung. Ein Vergleich von heritage und geflüchteten Kindern im Schulalter ergab, dass Erwerbsalter und Länge der Kontaktzeit ausschlaggebend sind, was die Aussagekraft der deutschen Tests anbelangt. Eine Ausnahme bildet der LITMUS-NWRT, der für eine schnelle Einschätzung einer typischen Sprachentwicklung unbedingt herangezogen werden sollte. Da die refugee-Gruppe auch nach 24 Kontaktmonaten im SRT sowie in standardisierten Testverfahren zum Sprachstand und den Leseleistungen noch mehrheitlich im Risikobereich abschneiden, sollten, wenn möglich, Tests in der Erstsprache zur Hilfe genommen werden. Hierbei wurde für Arabisch/Deutsch erstmalig gezeigt, dass der ELOL-L, ein standardisierter arabischer Test, heritage Kinder benachteiligt, während der Arabische LITMUS-SRT typische bilinguale Kinder als solche erkennt, und zwar sowohl in heritage als auch in refugee Populationen. Weiter konnte belegt werden, dass standardtürkische L1-Tests für heritage Kinder in Deutschland gänzlich ungeeignet sind. Die L1-Varietät, welche die überwiegende Zahl von Kindern mit L1-Türkisch erwirbt, enthält viele Strukturen, die als Marker für eine Sprachentwicklungsstörung im Türkischen gelten, was sich sogar in Nachsprechtests zeigt. Die Longitudinaldaten, die durch das BiliSAT-Projekt erstmals zur Verfügung stehen, eröffnen neue, spannende Fragen. Für arabisch/deutsche Schüler:innen gilt, dass sich erwartungsgemäß mit längerer Kontaktzeit eine Verbesserung der Ergebnisse im Deutschen einstellt. Für die türkisch/deutschen Schüler:innen scheint dies nur bedingt zu gelten, hier zeichnet sich einen Tendenz dahingehend ab, dass sich diese Population im L1 und im L2- Erwerb von anderen bilingualen Gruppen im Minderheiten-/Mehrheitenkontext unterscheidet., wobei ein typologischer Einfluss der L1 auf die L2-Performance ausgeschlossen werden konnte. Für die Sprachdiagnostik und die Inklusive Schule sind die Ergebnisse des Projektes höchst relevant: Unsere Studien belegen, dass Sprachförderung für Seiteneinsteiger:innen/refugees über einen Zeitraum von mindestens 24 Monaten erfolgt sein muss, bevor weitere Einstufungen, auch in Bezug auf die Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs, vorgenommen werden können. Dies gilt, mit Ausnahme des NWRT, für alle Verfahren, die im BiliSAT-Projekt entwickelt und erprobt wurden, und zwar sowohl für standardisierte Sprach- und Lesetests, als auch für die neu entwickelten LITMUS-tasks, die im heritage Kontext gegenüber den standardisierten Tests für die Diagnostik des Deutschen als Zweitsprache zu bevorzugen sind.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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