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Fußball als Zugehörigkeitsraum: Amateurfußballteams lateinamerikanischer Migrant/innen in Rio de Janeiro und São Paulo

Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Afrika-, Amerika- und Ozeanienbezogene Wissenschaften
Förderung Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 346733138
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Amateurfußballteams und -Turniere südamerikanischer Migrant/innen in Rio de Janeiro und in São Paulo stellen wichtige Zugehörigkeitsräume dar. Über das gemeinsame Fußballspielen wird Gemeinschaft hergestellt. Durch den Einbezug weiterer Akteure wie Familienangehörige oder migrantische Unternehmer erweitern sich die Sportevents zu breiteren Sozialräumen. Der Amateurfußball der bolivianischen und peruanischen Migrant/innen stellt zudem eine transkulturelle Praxis dar, da Fußball in Brasilien eine wichtige gesellschaftliche Bedeutung besitzt und im Kontext der Turniere mit Brasilianer/innen und anderen südamerikanischen Migrant/innen interagiert wird. Das Organisieren von Teams, Turnieren und Ligen ist in den südamerikanischen Migrant/- innen-Communities mit sozialem Prestige verbunden. Während die peruanischen Teams und Turniere in Rio de Janeiro überwiegend männliche Räume darstellen, hat sich in São Paulo in den vergangenen zwei Jahrzehnten ein bedeutender südamerikanischer Migrantinnen-Amateurfußball herausgebildet. Bolivianische Frauen, die in Textilstudios arbeiten, stellen die relevanteste Akteurinnen-Gruppe der Amateurfußballturniere dar. Die Frauen gewinnen durch Praktiken der gegenseitigen Unter-stützung im Arbeitsumfeld und im Privatleben sowie durch (soziale und physische) Mobilität im Kontext des Amateurfußballs an Handlungsmacht. Peruanische Migrantinnen in Rio de Janeiro gelingt es, im Rahmen der Turniere, beim Essensverkauf und bei organisatorischen Aufgaben sowie – seltener – bei sportlichen Aufgaben innerhalb der Teams, stärkende Netzwerke zu bilden und sich selbst zu verwirklichen. Die Gründung von Amateurfußballteams und die Organisation von Fußballturnieren und -ligen sind ferner mit der Aneignung von urbanem Raum verbunden. Die Migrant/innen nutzen und eignen sich urbane Räume an und bilden dadurch Zugehörigkeit zu bestimmten Vierteln und Orten in der Stadt heraus. Die Nutzung von Sportinfrastruktur durch die Migrant/innen ist aufgrund der Knappheit städtischer Sportanlagen durch Aushandlungen, Konflikte und das Eingehen von Kompromissen mit anderen Akteuren gekennzeichnet. Anders als erwartet war es nicht möglich, in Rio de Janeiro Amateurfußballteams und -turniere peruanischer Migrantinnen zu finden. Das Erforschen der Teams und Turniere männlicher peruanischer Migranten ermöglichte jedoch wichtige Erkenntnisse über andere Formen weiblicher Partizipation und Selbstverwirklichung im migrantischen Amateurfußballkontext in Brasilien. Es wurde zudem deutlich, dass trotz des voneinander abweichenden geschlechterspezifischen Rahmens zahlreiche Parallelen zwischen den Amateurfußballkontexten in Rio de Janeiro und São Paulo bestehen. Die Rolle der Teams und Turniere als Orte der Zugehörig-keit, die Bedeutung von Aushandlungen bezüglich der Nutzung von Sportinfrastruktur in den brasilianischen Metropolen und das soziale Prestige, das mit dem Organisieren von Teams und Turnieren verbunden ist, stellen einige der Aspekte dar, die beide Forschungskontexte eng miteinander verbindet. Die ‚Verwobenheit‘ der migrantischen Amateurfußballkontexte bzw. der Einbezug diverser Akteur/innen in die Turnierorganisation und die vielfache Verortung des Migrant/- innenfußballs in São Paulo stellten weitere Erkenntnisse des Projektes dar.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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