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Vorstellungen vom Verbrauch im ökonomischen und physiologischen Denken 1770-1870

Antragsteller Professor Dr. Birger P. Priddat, seit 1/2007
Fachliche Zuordnung Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung Förderung von 2006 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 34692082
 
Verbrauch wurde in der Geschichtsschreibung bisher als Konsumtion aus ökonomischer, statistischer, soziologischer, kultureller, psychologischer, ästhetischer, semiotischer, gender-theoretischer und noch mancher anderen disziplinären Sicht dargestellt. Demgegenüber ist dies der Versuch, den Vorgang des materiellen Verbrauchs (weshalb im Folgenden dieser Begriff und nicht der der Konsumtion verwendet wird) nachzuvollziehen, wie er vom Ende des 18. bis zum Ende des 19.Jahrhunderts vorgestellt wurde: als Vernichtung des zuvor in den Gegenstand hineingearbeiteten Nutzens oder Gebrauchswerts und die Assimilation dieses Nutzens durch das verbrauchende Subjekt. Dazu den Diskurs der Physiologie und Ökonomie heranzuziehen, hat seinen Grund zum einen in der seit der Antike engen Verbindung beider Disziplinen. Die ökonomische Urzelle ist das Haus (oikos), der von der Natur (physis) abgetrennte um das Herdfeuer eingerichtete Raum, in dem Natur angeeignet d.h. zu Kultur verarbeitet wird. Die oikeiosis [Artikel „Aneignung“ (Eckhard Tramsen) in: Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch in sieben Bänden. Hg.v. Karlheinz Barck. Stuttgart 2000, Bd.1, S.153ff.] wie die stoische Philosophie den Vorgang der Aneignung der Welt durch den Menschen nannte, führt vom Herd zur Küche zur Werkstatt zum chemischen Labor zur Fabrik. Von Aristoteles bis Alfred Marshall lässt die Wirtschaftstheorie die Ökonomie mit der Nahrungsaufnahme und Verdauung beginnen, aus denen sich als Überbau Bekleidung, Behausung, Luxus erheben. Verdauung und Verbrauch wären demnach anthropologisch-physiologische Fundamentalkategorien vergleichbar Marcel Mauss fait social total des Tauschs. Für den Untersuchungszeitraum bietet sich darüber hinaus die Parallelgeschichte von Physiologie und Ökonomie an, indem physiologische Begriffe wie Kreislauf und Stoffwechsel in die Ökonomie und ökonomische wie Arbeit und Arbeitsteilung in die Physiologie wanderten. Die um 1800 aufgekommene und - so die Hypothese des Forschungsvorhabens - vom physiologischen Begriff der Assimilation inspirierte Definition der Produktion als produktive Konsumtion - nach Harvey s Zirkulation die folgenreichste Ausstrahlung des physiologischen auf das ökonomische Denken -wird das Orientierungs-, Organisations- und Kristallisationszentrum der Untersuchung sein.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Beteiligte Person Professor Dr. Friedrich A. Kittler (†)
 
 

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