Literaturpreise im deutschsprachigen Raum seit 1990: Funktionen und Wirkungen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt hat erstmals eine datenbankgestützte, empirische Erfassung und systematische Aufschlüsselung der Diversität, Interdependenz und Polyfunktionalität in der deutschen Literaturpreislandschaft von 1990 bis 2019 geleistet und Entwicklungstendenzen identifiziert. Die bisherige Preisforschung legte den Fokus in erster Linie auf die Förder- bzw. Konsekrationsfunktion, den ritualdynamischen Aspekt sowie die Wertungsdimension von Literaturpreisen, modellierte Preise ausgehend von einzelnen, meist prominenten Preisen und problematisierte deren Vielzahl aufmerksamkeitsökonomisch als dysfunktional. Durch die makrologische, empirische Herangehensweise des Projekts konnte gezeigt werden, dass die Vielzahl der Literaturpreise mit einer funktionalen Heterogenität und dynamischen Entwicklung der Preislandschaft einhergeht. Hierin erweisen sich Preise als Reaktionen auf und Treiber von literarischen und literaturbetrieblichen Diversifizierungs- und Strukturwandelprozessen. Die Funktionen von Preisvergaben weisen jedoch über das literarische Feld hinaus: Preise sind komplexe Gefüge, die – jenseits der Instanzen von AutorInnen und Preisstiftern – unterschiedliche Akteure, Institutionen, Diskurse und Wertordnungen zusammenbringen und Literatur bzw. literarische Praktiken auch für außerliterarische soziokulturelle Programmatiken in Wert setzen. In theoretischer Hinsicht ist ein wesentlicher Beitrag des Projekts darin zu sehen, dass mit den Konzepten der Valorisierung und Heterarchie ein begrifflich-methodisches Instrumentarium entwickelt wurde, um diese Funktion der performativen Wertproduktion und -modifikation durch Verschaltung heterogener Wertordnungen präzise zu beschreiben. Als Knotenpunkte literarischer und soziokultureller Diskurse tragen Preise – und, wie in Folgestudien aufzuweisen wäre, vergleichbare Valorisierungspraktiken – zur Integration wie Dynamisierung von Wertordnungen in Literatur und Gesellschaft bei.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
(2019): „Inklusion und (literarische) kulturelle Bildung am Beispiel von Literaturpreisen für Menschen mit (geistiger) Behinderung“. In: Zeitschrift für Inklusion (3/2019)
Maaß, Sarah
-
(2019): „Valorisierungen und Heterarchisierungen im Feld der Kinder- und Jugendliteraturpreise“. In: kjl&m, forschung.schule.bibliohek 19 (3/2019), S. 73-77
Borghardt, Dennis
-
(2020): Literaturpreise – Geschichte, Theorie und Praxis. Würzburg: Königshausen & Neumann
Borghardt, Dennis, Sarah Maaß und Alexandra Pontzen (Hg.)
-
(2020): Schwerpunkt: Literaturpreise. In: literaturkritik.de (9/2020)
Pontzen, Alexandra, Dennis Borghardt und Sarah Maaß (Hg.)
-
(2020): „Einleitung: Zur Aktualität von Literaturpreisen und Literaturpreisforschung“; „Werkstattbericht I: Round-Table-Diskussion zu Literaturpreisen im gegenwärtigen Kulturbetrieb“; „Werkstattbericht II: Autorenbefragung zur Rolle und Relevanz von Literaturpreisen“. In: Borghardt, Dennis, Sarah Maaß und Alexandra Pontzen (Hg.): Literaturpreise. Würzburg: Königshausen & Neumann, S. 7-42
Borghardt, Dennis, Sarah Maaß und Alexandra Pontzen
-
(2020): „Literarische Wertung und heterarchische Valorisierung. Überlegungen zur Modellierung der Literaturpreislandschaft“. In: Borghardt, Dennis, Sarah Maaß und Alexandra Pontzen (Hg.) (2020): Literaturpreise. Würzburg: Königshausen & Neumann, S. 147-162
Maaß, Sarah
-
(2021): „Zuviel des Guten? Vielzahl und Vielfalt deutscher Literaturpreise“. In: Christoph Jürgensen und Antonius Weixler (Hg.): Literaturpreise. Geschichte und Kontexte. Stuttgart: Metzler, S. 53-78
Pontzen, Alexandra, Dennis Borghardt und Sarah Maaß
-
(2022): Der Wert der Preise. Valorisierungsdynamik in der deutschen Literaturpreislandschaft 1990-2019. Würzburg: Königshausen & Neumann
Maaß, Sarah und Dennis Borghardt