Kognitive Auffälligkeiten bei Kindern mit sozialer Phobie
Final Report Abstract
Soziale Angststörungen (SAS) gehören zu den häufigsten psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen, sie sind mit hohem Leidensdruck sowie Beeinträchtigungen in der Lebensführung und psychosozialen Entwicklung der Kinder und Jugendlichen verbunden. Dennoch existiert bislang noch kein empirisch überprüftes Erklärungsmodell für die Entstehung und Aufrechterhaltung der SAS im Kindesalter. Ziel dieses Forschungsprojektes war es zu überprüfen, ob die kognitiven Modelle der SAS im Erwachsenenalter auf Kinder übertragbar sind. Dazu wurden in verschiedenen experimentellen Studien mit Kindern mit SAS und einer Kontrollgruppe (KG) ohne psychische Störungen vielfältige kognitive und psychophysiologische Faktoren überprüft. Diese dienten mittels eines Wartekontrollgruppendesigns unter anderem zur Untersuchung der Effekte einer kognitiv-behavioralen Gruppentherapie sowie Prädiktoren für den Therapieerfolg. In der ersten Förderphase des Projekts konnten bereits wichtige Erkenntnisse bezüglich kognitiver und psychophysiologischer Faktoren gewonnen werden. In der zweiten Förderphase des Projekts wurden darauf aufbauende Untersuchungen an n = 122 Kindern zwischen 9 und 13 Jahren durchgeführt. Ziele dieses Projektabschnitts waren, mittels Eyetracking, die Prozesse in frühen und späteren Phasen der Informationsverarbeitung zu überprüfen. Zudem sollten spezifische Kognitionen während sozialem Stress sowie die kognitive Nachverarbeitung (PEP) von sozialen Stresssituationen vertiefend untersucht werden. Des Weiteren wurde in diesem Projektabschnitt auch auf die Kognitionen der Eltern bezüglich ihrer ängstlichen Kinder fokussiert. Die Ergebnisse hinsichtlich der Informationsverarbeitungsprozesse ergeben keine empirischen Hinweise auf einen Hypervigilanzeffekt bei Kindern mit SAS, sondern deuten eher auf eine Vermeidung von kritischen Stimuli (wütenden Gesichtern) in beiden Gruppen hin. Die Ergebnisse der ersten TSST-C-Untersuchung vor der Therapie zeigten, dass die Kinder mit SAS im Vergleich zur KG entsprechend der aufgestellten Hypothesen mehr subjektiv empfundene Angst in der Baseline, eine stärkere Wahrnehmung physiologischer Angstsymptome, eine höhere dispositionelle Angstsensitivität, mehr negative Kognitionen, eine schlechtere Einschätzung der eigenen Leistung sowie mehr negatives PEP aufwiesen. Die Studie zur Veränderbarkeit kognitiver Mechanismen durch eine kognitiv-behaviorale Gruppentherapie ergab, dass sich die Therapiegruppe (EG) und die Warte-Kontrollgruppe (WKG) während des zweiten TSST-C nach der Therapie hinsichtlich der oben genannten kognitiven Faktoren nicht unterschieden. Allerdings konnte gezeigt werden, dass die EG eine Woche nach dem TSST-C im Vergleich zum ersten TSST-C nach dem zweiten TSST-C signifikant weniger negative Kognitionen bezüglich der Stresssituation aufwies. Es trat zudem ein Trend zu einem signifikanten Anstieg des positiven PEP auf. Diese Ergebnisse zeigen, dass kognitive Faktoren bereits bei Kindern mit SAS eine wichtige Rolle spielen. Es ist wahrscheinlich, dass die Therapie zu kurz war, um die kognitiven Faktoren während des TSST-C, der sehr starken psychosozialen Stress auslöst, zu modifizieren. Dass sich das PEP in der EG veränderte, zeigt aber, dass die Therapie positive Effekte auf wichtige die Störung aufrechterhaltende kognitive Prozesse in der Nachverarbeitung sozialer Situationen hatte. Dies kann langfristig zu einer Veränderung negativer kognitiver Schemata und damit zu einer anhaltenden Reduktion der Symptomatik beitragen. Darüber hinaus zeigten sich erste Hinweise auf den prädiktiven Wert hinsichtlich des Therapieerfolgs des Konstrukts der elterlichen „Angst vor negativer Bewertung des Kindes“ (FNCE). Es erscheint somit vielversprechend, dieses Konstrukt weitergehend zu untersuchen.
Publications
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