Debris disks as tracers of small body populations
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Trümmerscheiben sind die mutmaßlichen Überbleibsel von Planetesimalpopulationen, die in den frühen Phasen durch Akkretion entstanden und die mögliche Planetenentstehung überlebten. Obgleich Trümmerscheiben Festkörper in einem breiten Größenbereich enthalten, von großen Planetesimalen bis zu kleinstem Staub, kann von dieser Größenverteilung aber doch nur das Staubende direkt beobachtet werden. In diesem Projekt haben wir nun einen neuen Ansatz entwickelt, um Zugang zu den Eigenschaften der Planetesimale zu erhalten. Dazu modellieren wir die staubigen Trümmerscheiben von ihren Quellen ausgehend, d.h. wir nehmen an, dass die Staubpopulation von einem Gürtel aus Mutterkörpern gespeist wird. Wir verwenden zu diesem Zweck unsere Kollisions- und Strahlungstransportcodes, um selbstkonsistent die Größen- und Radialverteilung des Materials und der erzeugten thermischen Emission zu verfolgen. Der Vergleich der modellierten mit der beobachteten Emission erlaubt uns dann die Einschränkung verschiedener Parameter wie der Sterneigenschaften sowie der genauen Lage, Ausdehnung und dynamischen Anregung des Planetesimalgürtels. Hinzu kommen die chemische Zusammensetzung des Materials und sein Verhalten bei Zusammenstößen. Mit unserem Ansatz interpretierten wir die Statistik einer Vielzahl von beobachteten, im Allgemeinen nicht aufgelösten Trümmerscheiben, die spektrale Energieverteilung einzelner unaufgelöster Systeme sowie den kompletten Datensatz einzelner aufgelöster Systeme. Dabei gelangten wir zu folgenden wesentlichen Schlussfolgerungen: Wir entwickelten einige allgemeine Skalierungsregeln für die Entwicklung von Trümmerscheiben und zeigten, dass die beobachtbare zeitliche Entwicklung der Leuchtkraft des Staubes hauptsächlich dominiert wird vom Übergang der Population der großen Planetesimale von der ursprünglichen, in der Akkretionsphase herausgeformten Größenverteilung, hin zum gravitationsdomierten Gleichgewicht. Die Beobachtungsstatistik von Scheibenalter und -leuchtkraft stimmt mit unseren Modellen überein. Durch Analyse der spektralen Energieverteilungen von fünf speziellen Scheiben um sonnenähnliche Sterne konnten wir zeigen, dass diese wahrscheinlich von “großen Kuipergürteln” mit 0,2 bis 50 Erdmassen (in Objekten bis 100 km Größe) und Radien von 100 bis 200 AE gespeist werden. Als Warnung sei allerdings gesagt, dass diese Ergebnisse stark von der chemischen Zusammensetzung des Staubes abhängen. Unsere Ergebnisse für die archetypische Trümmerscheibe um Wega legen nahe, dass diese Scheibe, im Gegensatz zu früheren Resultaten, nicht im Widerspruch zu einer kontinuierlichen Staubproduktion im Kollisionsgleichgewicht steht. Darüber hinaus finden wir wichtige Einschränkungen für einige Parameter. Speziell zeigen wir, dass kraterbildende Kollisionen zwingend berücksichtigt werden müssen. Wir zeigen ebenfalls, dass nur durch eine mittlere Sternleuchtkraft zwischen den durch die schnelle Rotation sehr verschiedenen Werten am Pol und am Äquator die Beobachtungen wiedergegeben werden können. Schließlich geben wir einem Szenario den Vorzug, in dem die Kollisionskaskadebereits zu einem frühen Zeitpunkt in der Entwicklung des Wega-Systems einsetzte.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2008). Collisional and Thermal Emission Models of Debris Disks: Towards Planetesimal Population Properties. Astrophysical Journal 687, 608–622
A.V. Krivov, S. Müller, T. Löhne, and H. Mutschke
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(2008). Long-Term Collisional Evolution of Debris Disks. Astrophysical Journal 673, 1123–1137
T. Löhne, A.V. Krivov, and J. Rodmann
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(2009). A possible architecture of the planetary system HR 8799. Astronomy and Astrophysics 503, 247–258
M. Reidemeister, A.V. Krivov, T. O. B. Schmidt, S. Fiedler, S. Müller, T. Löhne, and R. Neuhäuser
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(2009). What Children Tell Us about Their Parents: From Visible Dust to Invisible Planetesimals in Debris Disks. Bull. Amer. Astron. Soc., 40, 392
S. Müller, A.V. Krivov, T. Löhne, and H. Mutschke
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(2009). The Debris Disk of Vega: A Steady-State Collisional Cascade? Astrophysical Journal
S. Müller, T. Löhne, and A.V. Krivov