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Atomarer Abrieb
Antragsteller
Professor Dr. André Schirmeisen
Fachliche Zuordnung
Experimentelle Physik der kondensierten Materie
Förderung
Förderung von 2017 bis 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 351709183
Der Verschleiß mechanischer Komponenten wie Lager oder Getriebe begrenzt die Lebensdauer von Geräten und Maschinen und führt so zu Kosten, Rohstoffverbrauch und Ausfallzeiten. Die Vermeidung von Abrieb und Verschleiß in verschiedensten Bereichen ist von enormem wirtschaftlichem und ökologischem Interesse. In der klassischen Theorie zum Oberflächenverschleiß unterscheidet man zwischen adhäsivem und abrasivem Verschleiß. Bei ersterem werden Teile der Oberfläche durch Adhäsion herausgerissen, während man bei letzterem Prozess vom Durchpflügen der weicheren Oberfläche durch die Asperitäten der härteren Gegenfläche ausgeht. Ein allgemeines mikroskopisches Verständnis der zugrunde liegenden atomaren Abriebprozesse existiert bisher nicht. Ein sinnvoller Ansatz zur Untersuchung von solchen Prozessen ist es, Abriebphänomene an einzelnen Asperitäten zu untersuchen. Speziell die Rasterkraftmikroskopie hat sich hier als Messmethode bewährt, da ihre Geometrie dem idealisierten Einzelkontakt besonders nahekommt. Experimentelle Resultate der Reibungskraftmikroskopie haben in den letzten Jahren die Entwicklung von neuen Verschleißmodellen motiviert. Beim atomaren Abrieb weist der Verschleiß von Nanokontakten extrem niedrige Werte von nur einem Atom pro Millimeter Reibdistanz auf. Konsequenterweise wird in den aktuellen Ansätzen der Abriebprozess als das Herauslösen einzelner Atome aus der Oberfläche beschrieben, wobei das Überwinden der entsprechenden Energiebarriere mit der Ratentheorie modelliert wird. Trotz der ersten erfolgreichen Anwendungen der Ratentheorie ist dieses Modell nur eines von mehreren möglichen Ansätzen.Das Schlüsselexperiment zur Verifizierung des Ratenmodells für atomaren Abrieb wäre die systematische Messung des Abriebs von Nanokontakten als Funktion der Temperatur. Eine solche experimentelle Reihe wurde bisher noch nicht durchgeführt und ist der Schwerpunkt dieses Projektantrags. Es stellt sich die Frage, bis zu welchen Temperaturen der Abrieb noch durch thermische Aktivierung dominiert ist? Bei sehr tiefen Temperaturen erwartet man einen Übergang zum athermischen Abrieb, der durch die Prinzipien der Mechano-Chemie, also der Induzierung von chemischen Bindungen durch reine Kraftwechselwirkung bestimmt ist. Die Messungen sollen an drei exemplarischen Materialsystemen durchgeführt werden, die sich jeweils auf unterschiedliche Fragestellungen konzentrieren. Unter Verwendung eines Reibungskraftmikroskops im Ultrahochvakuum sollen die atomaren Abriebmechanismen auf Ionenkristallen, Polymeren und Diamantoberflächen analysiert werden. Zur direkten Verifizierung des thermischen Ratenmodells soll der Abrieb systematisch als Funktion der Probentemperatur quantifiziert werden. Eine Probenkühlung bzw. -heizung erlaubt es einen weiten Temperaturbereich von 30 K bis zu 700 K zu untersuchen. Ein zentrales Projektziel ist es, den proklamierten Übergang von thermisch aktivierten zu athermischen Prozessen zu finden und zu verstehen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen