Vinculin-LD in Keratinozyten der Haut als Modell der Lipidregulation von Zellkontakten und Motilität
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In diesem Projekt wurde die Bedeutung des zentralen Zytoskelett-Adaptorproteins Vinculin für die in vivo Funktion und Differenzierung von Keratinozyten in der Epidermis junger Vinculin-Knockout Mäuse untersucht. Entgegen der Erwartung auf Basis von Untersuchungen zur in vitro Funktion von Vinculin an kultivierten Zellen, wurden keine Defekte beobachtet, die Hinweise auf eine erhebliche Störung der Barrierefunktion der Haut oder auf Adhäsions-/ Migrationsdefekte der Vinculin-Knockout Keratinozyten geliefert hätten. Die Knockout-Tiere zeigten neben auffälligen Felldefekten, keine erkennbare Beeinträchtigung der Vitalität, Fertilität oder Lebensdauer. Nachfolgend werden wichtige technische Details der Versuchsdurchführung sowie Ergebnisse zur biochemischen Regulation und in vivo Funktion von Vinculin diskutiert. (1) Die technische Herausforderung des gewebespezifischen Knockins für Vinculin-LD, einer Vinculin- Mutante, welche die Untersuchung der Lipidsignal-vermittelten Regulation von Zellkontakten ermöglichen sollte, wurde im Förderzeitraum nicht bewältigt. Hierfür wären nach dem Scheitern der ursprünglichen Strategie weitere genetische Kenntnisse zur Steuerung von Vcl mRNA und Splicing erforderlich, die im Rahmen des Projektes (bzw. über Kooperationen) nicht generiert werden konnten. Die Durchführung eines ungerichteten Vinculin-LD Knockins mit konstitutivem Promotor als Ergänzung zu einem gewebespezifischen Knockout stellt eine mögliche Option dar, die komplexe Regulation der Vinculin-Expression zu umgehen, und Vinculin-LD selektiv zu exprimieren. Auch diese Alternative war im vorgegebenen Rahmen nicht realisierbar, so dass die geplante Analyse der in vivo Funktion von Vinculin-LD nicht durchgeführt werden konnte. (2) Die umgesetzte Knockin-Strategie Vcl(ki/ki) führte in der Vinculin-ΔIn20/21 Maus zu einem Splicedefekt und zur Expression einer Aktin-bindungsdefizienten Mutante, Vinculin-ΔEx20. Die zellbiologische Charakterisierung der Mutante lieferte neue Erkenntnisse zur Regulation der Liganden-Bindung durch Vinculin. Die zentrale Bedeutung der Vinculin-Steuerung durch die autoinhibitorische Kopf-Schwanz-Interaktion (HTI) wurde dadurch bekräftigt und weiter aufgeschlüsselt. Während Vinculin-Kopfkonstrukte und HTI-Mutanten mit intakter Aktinbindung zu einer Blockierung der Kontaktregulation/Migration von Zellen führen (dominantnegativer Effekt), hat Vinculin-ΔEx20 nur einen moderaten Effekt auf die Steuerung der Kontakte und verhindert nicht das Einwandern von Vcl(ki/ki) Fibroblasten in Kollagen-Gele. Dies bedeutet, dass die Steuerung von Vinculin in Zellkontakten davon abhängt, dass sowohl die hochaffine Bindungsstelle des Kopfes für Zytoskelett-Adaptoren (e.g. Talin, Cadherin) als auch die Aktinbindung durch den Schwanz über die HTI kontrolliert werden. Weiterhin reicht die verbliebene Lipidbindung an den C-Terminus von Vinculin-ΔEx20 dafür aus, eine Steuerung der Ligandenbindung des Vinculin-Kopfes zu ermöglichen. (3) Die Regulation der Vinculin-Proteinmenge in Zellen und Geweben ist in der Regel unkritisch. Eine Abnahme der Proteinmenge auf 50% des Wildtyp-Niveaus in allen Organen wird toleriert, ohne dass erkennbare Defekte auftreten, solange keine extreme Belastungssituation beispielsweise des Herzens vorliegt. Während der Embryonalentwicklung sind 10-20% Wildtyp-Protein jedoch für die Herzentwicklung und das Schließen des Neuralrohrs nicht ausreichend. In vitro kann beobachtet werden, dass z.B. primäre Astrozyten bei geänderten Umgebungsbedingungen (harte Unterlage) die Vinculin-Expression auf den 20-fachen Wert erhöhen. Daher gibt die Messung der Vinculin-Expression ganzer Organe wahrscheinlich keine hinreichende Auskunft über den tatsächlichen Vinculin-Bedarf einzelner Zellen im Gewebe. (4) Die verfügbaren, gewebespezifischen Vinculin-Knockout Modelle für Kardiomyozyten, Thrombozyten, Chondrozyten, sowie Astrozyten und Keratinozyten weisen daraufhin, dass die Aktinverknüpfung von Zellkontakten auch ohne Vinculin funktioniert, und es nur in mechanisch besonders belasteten Geweben (Herz) zu Defekten kommt, die eindeutig mit der mechanischen Verknüpfung zusammenhängen. Andere Gewebe wie die Epidermis weisen im unbelasteten Zustand (in gesunden Tieren) nur milde Defekte aber eine geänderte Differenzierung der Zellen auf. Ein direkter Bezug von Vinculin zu PTEN-Expression und Apoptosefähigkeit, wie in vitro an E9-Karzinomazellen beobachtet, besteht nicht. Allerdings zeigen alle untersuchten Knockout- Gewebe Hinweise auf eine geänderte Signalverarbeitung durch Zellkontakte, die in der Embryogenese aber auch unter (Krankheits)Belastung / Stress in adulten Geweben/ Organen zu Fehlfunktionen führen können.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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2010. The cytoskeletal connection : understanding adaptor proteins. F. Entschladen, K.S. Zänker (Eds): Cell Migration: Signalling and Mechanisms. Transl Res Biomed. Basel, Karger, 2010, vol.2, pp136-162
Ziegler, W.H.
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2010. The vinculin- ΔIn20/21 mouse: characteristics of a constitutive, actin-binding deficient splice variant of vinculin. PLoS One 5:e11530
Marg, S., U. Winkler, M. Sestu, M. Himmel, M. Schönherr, J. Bär, A. Mann, M. Moser, C.T. Mierke, K. Rottner, M. Blessing, J. Hirrlinger, and W.H. Ziegler