Reliability and variability of visual acuity assessments
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In dieser Förderungsperiode lag der Schwerpunkt auf der Variabilität und Reliabilität von Sehschärfemessungen. Der psychophysische Teil des Projekts bestand aus zahlreichen Einzelexperimenten, die in ihrer Gesamtheit zu einem besseren Verständnis der Sehschärfeprüfung geführt haben. Dabei wurden konkrete neue methodische Ansätze realisiert. Im Einzelnen wurde der Einfluss von Übungseffekten, Präsentationdauer, Art der gestesteten Sehschärfe (Erkennung versus Auflösung) und Informationen an die Probanden bezüglich des Testverlaufs untersucht. Das Ergebnis der Visusmessung wurde in der Regel nur um maximal 1 DIN-Zeile beeinflusst. Jeweils für sich genommen sollten die Effekte erfreulicherweise für klinisch-praktische Anwendungen in den meisten Fällen nicht relevant sein, jedoch ist auch ein kumuliertes Auftreten möglich. Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass falsche Antworten der Probanden nicht völlig zufällig auf die Antwortalternativen verteilt sind. Dies kann zu einer Unterschätzung der Sehschärfe führen. Für die Simulation von Defokus und Katarakt wurden geeignete Quellenmethoden entwickelt und bereits erfolgreich in einem Kooperationsprojekt bei Augenbewegungsmessungen angewandt. Das neu entwickelte Maß der „subjektiven Detailliertheit“ bietet einerseits einen Ansatz zur Nutzung natürlicher Bilder als Testreize, zeigt aber auch, dass das subjektiv-introspektives Sehempfinden von der objektiv vorhandenen Sehqualität abweichen kann. Schließlich wurde ein Verfahren entwickelt, wie im Nahbereich die akkommodationsabhängige Sehschärfe effizient bestimmt werden kann. Die Untersuchungen zur objektiven Visusbestimmung mittels P300 bestätigen, dass das Konzept grundsätzlich funktioniert. Dabei können nicht nur Gittermuster verwendet werden, sondern auch Landoltringe und Gesichter. Dabei zeigt die Studie mit Neglect-Patienten, dass nicht immer mit einem kompletten Auslöschen der P300 gerechnet werden kann, wenn der Reiz aufgrund von Störungen auf höheren Verarbeitungsstufen nicht wahrgenommen wird. Die Frage nach dem Einfluss der Aufmerksamkeit wurde vertieft untersucht. Dabei zeigte sich, dass Gesichtsbilder besonders resistent gegenüber der Ablenkung der Aufmerksamkeit sind. Viele der durchgeführten Untersuchungen waren an der Schnittstelle zwischen angewandter klinisch relevanter Forschung und grundlagenorientierter Wissenschaft angesiedelt. Entsprechend erstreckt sich die Relevanz der Ergebnisse nicht nur auf die Sehschärfemessung, sondern z.B. auch auf das Gebiet der visuellen Entscheidungsfindung. Dabei ergab sich, dass die relative Entscheidungsunsicherheit der Versuchspersonen sich auch auf die Formwahrnehmung erstreckt, schwellennah die Entscheidungen eine besonders lange Zeit benötigen, und dass sich die signalentdeckungstheoretischen Beschreibungen so erweitern lassen, dass Fälle von Fehlattribuierung unter den falschen Antworten modellieren lassen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2010) Less is more: subjective detailedness depends on stimulus size. J Vision 10: 2,1–10
Heinrich SP, Bach M
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(2010) “Cognitive” visual acuity estimation based on the event-related potential P300 component. Clin Neurophysiol 121:1464–1472
Heinrich SP, Marhöfer, D, Bach M
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(2011) Binocular coordination during reading of blurred and non-blurred text. Invest Ophthalmol Vis Sci 52:9416–9424
Jainta S, Dehnert A, Heinrich SP, Jaschinski W
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(2011) Subjective visual acuity with simulated defocus. Ophthal Physiol Opt 31:625–631
Dehnert A, Bach M, Heinrich SP
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(2011) The dynamics of practice effects in an optotype acuity task. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 249:1319–1326
Heinrich SP, Krüger K, Bach M
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(2012) P300 in neglect. Clin Neurophysiol 123:496–506
Saevarsson S, Kristjánsson Á, Bach M, Heinrich SP